Wir haben 20 fiese Fragen zu „Willkommen bei den Hartmanns“ gestellt. Und der Regisseur hat noch fieser geantwortet


Simon Verhoeven ist der Regisseur von „Willkommen bei den Hartmanns“, der am 3. November in den deutschen Kinos startet. Und Simon Verhoeven ist ziemlich sauer.

Als der erste lange Trailer zu „Willkommen bei den Hartmanns“ erschien, war die Mehrheit der Redaktion nicht besonders angetan. Eine Komödie zur Flüchtlingskrise? Dazu noch in klassischer RomCom-Optik und einer Ansammlung von vermeintlichen Klischees? Die Idee war schnell geboren: me.Movies stellt Fragen zum Film. Einige ernst, einige zynisch, einige natürlich auch ein bisschen böse.

20 Fragen, die der Trailer zur Flüchtlingskomödie „Willkommen bei den Hartmanns“ aufwirft
Der Zweck war ein (hoffentlich) witziger und überzeichneter Artikel zu einem Filmprojekt, dessen Tonalität und Thematik schlichtweg nicht zusammenpassen wollen. Regisseur Simon Verhoeven konnte wohl nicht mitlachen. Wer kann es ihm verübeln? Immerhin arbeitet er seit über einem Jahr an dem Film und darf sich direkt zynische Fragen über seine Arbeit durchlesen.

Einen Tag später der Anruf: „Herr Verhoeven möchte sich eventuell zu dem Artikel äußern, würde me.Movies dies dann ebenfalls veröffentlichen?“

Faires Angebot, wir stellen mehr oder weniger ernst gemeinte Fragen, der Regisseur erhält die Chance zu antworten. Und man kann Simon Verhoeven nicht vorwerfen, dass er sich dafür nicht ausreichend Zeit genommen habe.

Schade nur, dass der Regisseur („Männerherzen“) ab einem gewissen Punkt bemüht ist, den Autor dieser Zeilen in die rechte Ecke zu drängen. Vor allem bei Frage 10, als der oberlehrerhafte Tonfall des Schauspielers Elyas M‘ Barek scherzhaft adressiert wird, fühlt es sich doch etwas weit hergeholt an, mit dem Begriff „fremdenfeinlich“ zu kontern. Fairerweise muss man an dieser Stelle einfügen, dass sich Verhoeven für diese Fehlinterpretation per Mail entschuldigt hat.

Ändern möchten wir an den Antworten des Regisseurs dennoch nichts. Wer eine Mischung aus ernsten und rhetorischen Fragen, die natürlich eine Provokation darstellen sollen, abfeuert, muss wohl mit einem mehrseitigen Ein-Mann-Shitstorm leben.

Und ab jetzt übergeben wir an „Willkommen bei den Hartmanns“-Regisseur Simon Verhoeven:

Da ist mein Trailer zu „Willkommen bei den Hartmanns“  mit Elyas M‘ Barek, Florian David Fitz, Palina Rojinski, Senta Berger, Heiner Lauterbach und Uwe Ochsenknecht gerade mal ein paar Stunden draussen und schon gibt es eine  – wie ich finde –  erstaunlich zynische, mit heisser Nadel gestrickte Abrechnung des Musikexpress – nicht nur mit dem Trailer, sondern gleich mit dem ganzen Film, von dem Ihr bisher keine einzige Sekunde gesehen habt. Wow!

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Das Ganze läuft dann unter der Überschrift „20 Fragen, die der Trailer zu „Willkommen bei den Hartmanns“ aufwirft.“ Nur stellt Ihr gar keine Fragen. Neugierde? Nee. Ihr wisst ja alles schon. Beziehungsweise Euer Autor, Daniel Krüger. Er benutzt seine coolen Fragen, um sich an der deutschen Komödie und ihren blöden Stars mal wieder so richtig abzureagieren. Oder war es eine Gemeinschaftsarbeit der Redaktion? Dann hoffe ich, Ihr hattet viel Spaß!

Simon Verhoeven
Simon Verhoeven

Klar. Deutsche Schauspieler zu dissen, eine Komödie über eine Familie, die einen Flüchtling aufnimmt – auch wenn man das Ding nicht gesehen hat – voller Verachtung runterzumachen – kann durchaus unterhaltsam sein. Es fühlt sich anscheinend für manche Autoren richtig, richtig gut an – und erzeugt vielleicht auch diebische Freude bei manchen Lesern. Hoffe ich zumindestens. Für Euch.

Und Hey! Ganz ehrlich: ich bin auch kein extremer Freund der „deutschen Komödie“. Ich glaube nur nicht, dass ich mit „Männerherzen“ wirklich enorm viel zu ihrem schlechten Ruf beigetragen habe. Ausserdem dachte ich eigentlich schon, dass man sich als Journalist die Mühe machen könnte, ein wenig zu differenzieren und sich auch nur halbwegs für die Hintergründe eines Projekts von derartiger Aktualität interessieren könnte, bevor man es mit kalter Häme übergießt.

Aber gut! Ihr habt also 20 Fragen? Da ich den Musikexpress sonst eigentlich gerne lese, habe ich hier mal 20 Antworten für Euch. Ich nehme an, die werdet Ihr jetzt fairerweise online stellen und drucken. Oder?

1. Was soll das?

Nun ja, wie gesagt.: Euer Autor kann gerne der nächsten 0815-„Dating“-Komödie oder dem nächsten Ninja-Turtles-Streifen entgegenfiebern, wenn ihn das mehr interessiert. Ich persönlich finde, ein deutscher Film über eine zerstrittene Familie, die einen Flüchting aufnimmt, ist in unseren Zeiten gesellschaftlich nicht völlig irrelevant, oder doch?
Die Frage „Was soll das Ganze?“ kann eigentlich nur jemand stellen, der alles richtig schön deutsch in Schubladen einordnen möchte, jemand, der das „Flüchtlingsthema“ anscheinend bei Anne Will akzeptiert – aber nicht in einer jungen deutschen Komödie. Geht es noch ein bisschen kleinkarierter? Ihr werft unserem Trailer vor, dass es „Deutscher“ nicht ginge? Mit Eurem Artikel beweist Ihr wirklich eindrucksvoll das Gegenteil.

Aber falls es Euch wirklich näher interessiert, was „das Ganze soll“ und Ihr nicht nur auf billigen Pointen aus seid: Ich habe im Frühjahr 2015 angefangen, diesen Film zu schreiben. Damals war das eine kleine Geschichte, ein sehr spezielles, persönliches Thema und ich habe nicht im Traum daran gedacht, dass ein Jahr später die Familie Hartmann plötzlich symbolisch für das ganze Land stehen könnte. Jedenfalls bin ich beim Schreiben sehr unverkrampft und politisch unkorrekt an das Thema herangegangen. Ich habe nicht jedes Wort auf die Goldwaage gelegt, wie Ihr das jetzt anscheinend tut. Mein Film ist auch kein „Refugees Welcome“-Märchen, falls Ihr so eine Schwarz/Weiss Version lieber gesehen hättet. Er thematisiert durchaus auch die Probleme und Widersprüche, und lässt viele Interpretationen zu.
Aber nochmal ausdrücklich sorry, wenn Euch mein Film zu „aktuell“ erscheint. Faszinierend, dass gerade der Musikexpress anscheinend lieber von der Realität entkoppelte Werke sieht. Dazu findet Ihr sicher zahllose Alternativ-Angebote im Kino! Ich persönlich denke, die Unverkrampftheit, mit der ich vorgegangen bin, ist durchaus auch eine Stärke des Films und könnte unserem Land hinsichtlich der Flüchtlingsthematik auch mal ganz gut tun. Planbar war diese Aktualität auf jeden Fall nicht.

2. Warum kommt kein großer deutscher Film ohne vorhersehbare Liebesgeschichte (M`Barek und Rojinski) aus?

Hm. Was genau seht Ihr denn vorher anhand des Trailers? Dass Elyas und Palina ein Paar werden könnten? Krass. Beeindruckend. Hättet ihr vielleicht auch Justin Timberlake und Mila Kunis, Ben Stiller und Cameron Diaz, Julia Roberts und Hugh Grant anhand der jeweiligen Trailers scharfsinnig als Paar entlarvt? Bravo! Fakt ist: bei den meisten Komödien wissen die Zuschauer recht früh, wer zueinander gehört. Sie genießen lediglich die amüsanten Hindernisse, die im Wege stehen. Das ist die Natur jeder Komödie. Aber genug der Selbstverständlichkeiten. Es bleibt in jedem Fall ein journalistisches Highlight für mich, von einer „vorhersehbaren Liebesgeschichte“ zu sprechen, ohne eine einzige Szene des Films gesehen zu haben.

3. Ist Heiner Lauterbach pleite?

Nein. Heiner Lauterbach ist sogar verdammt gut im Geschäft, um ehrlich zu sein. Vermutlich um einiges besser als Euer Autor. Ok, das war ein cheap shot, sorry. Aber ehrlich: Heiner hat wenig Zeit und ich war verdammt froh, Heiner bekommen zu haben. Er fand das Drehbuch spannend und wollte die Rolle des „konservativen Vaters“ unbedingt spielen. Er ist ausserdem ein Fan meines Films „Männerherzen“. Deswegen hat er zugesagt. So banal funktioniert das manchmal.

Aber nochmal ganz langsam: Ihr werft Heiner Lauterbach also vor, in einem Kinofilm von Warner Bros und Wiedemann und Berg ( die u.a. auch „ Das Leben der Anderen“, „Männerherzen“ oder WHO AM I“ produziert haben) mitspielen zu wollen, in dem es um ein brandaktuelles Thema geht – und Heiner mit Schauspielern wie Florian David Fitz, Elyas M‘ Barek, aber auch Senta Berger, Uwe Ochsenknecht, Ulrike Kriener zusammen spielt? Mit Uwe und Ulrike hatte er – nebenbei erwähnt – als junger Schauspieler den gemeinsamen Durchbruch mit Doris Dörries „Männer“ geschafft (falls Euch solche cineastischen Details irgendwie interessieren). Ok. Was rät Herr Krüger Heiner Lauterbach denn in seiner unendlichen Weisheit karrieretechnisch? Hätte er stattdessen lieber einen Freitag-Abend-TV-Film annehmen sollen? Sorry, aber ich befürchte: Als Agent oder Manager wäre Euer Autor vermutlich nicht so der extreme Überflieger. Aber die Praxis des Filmbiz interessiert ihn ja auch gar nicht. Er steht da ganz, ganz weit darüber.

4. Kommt der Film nicht circa ein Jahr zu spät ins Kino?

Naja. Wenn Ihr das Flüchtlingsthema und all die damit verbundenen Fragen bereits als „erledigt“, „gelöst“ und „abgehakt“ empfindet – ja, dann sind wir wohl ein Jahr zu spät. Ich persönlich denke eher, wir sind – ohne dies geplant zu haben – bizarr früh dran und absurd aktuell mit unserer Geschichte. Nachrichten schauen oder Zeitungen lesen ist anscheinend generell eher out bei Euch?

5. Wo ist Til Schweiger?

Wow. Wie kommen wir jetzt nochmal auf Til Schweiger? Achso, ja. Til hat in meinem „Männerherzen“ – Ensemble eine von 6 Männer- Rollen gespielt. Und jetzt spielt er nicht mit. Falls Euer Autor jetzt eine zwanghafte Brücke bauen wollte, um zum wahnsinnig originellen „Til-Schweiger-Bashing“ auszuholen, bin ich sicher, dass er sich dazu in geeigneten Foren im Internet oder auf Schultoiletten wunderbar austoben kann, bis ihn das befriedigt hat. Mit „Willkommen bei den Hartmanns“ hat Til so viel zu tun, wie euer Artikel mit einigermassen ernsthaftem, interessiertem Filmjournalismus — also nichts.

6. Manuel Neuer ist ein verdammt cooler Typ. Was hat er verbrochen, um mit Namedropping in diesem Film bestraft zu werden?

Manu hat gar nichts verbrochen. Ich habe das Vergnügen, manchmal mit ihm zu drehen und ich kann Euch garantieren, dass er es sicher nicht als Bestrafung empfindet, wenn sich ein Flüchting als „Fan“ von ihm outet, wie in unserem Trailer. Da euer Autor im Gegensatz zu mir nur sehr, sehr wenig Zeit mit Flüchtlingen verbracht zu haben scheint, kann ich ihm nur versichern, dass viele junge Migranten egal, ob aus Syrien, Afghanistan oder auch aus Afrika unsere deutschen Nationalspieler nicht nur kennen, sondern auch oftmals in rührender Weise verehren. Aber klar, so etwas könnt Ihr ja nicht wissen. Dazu müsstet Ihr ja Interesse haben an dem Thema.

7. Mal ganz im Ernst. Er führt ja auch nicht Regie. Wo ist Schweiger?

Äh…..Nein, wie gesagt. Til führt nicht Regie. Wieso auch? Er hat mit diesem Film nichts zu tun. Warum diese Obsession des Autors mit Til Schweiger? Vergehen eigentlich mal fünf Minuten im Leben von Herrn Krüger, ohne dass er an Til Schweiger denkt? Bizarr.

8. Wer soll sich diesen Film anschauen? Flüchtlinge und Nazis wohl kaum. Politiker? Leute, die nach über einem Jahr „ Wir schaffen das“ immer noch keine Meinung zum Thema haben?

„Nazis und Flüchtlinge“? Was für eine böse und traurig entlarvende Wortkombination. Stehen die beiden für Euch auf der gleichen Stufe? Hm. Zunächst mal: Flüchtlinge werden unseren Film durchaus ansehen. Es haben ja auch viele mitgespielt und es haben uns viele in der Entwicklung des Drehbuchs unterstützt.
Nazis? Naja, vermutlich eher weniger, wobei mein Film Ihnen vermutlich ganz gut tun würde.
Im zweiten Absatz der Frage wird es dann richtig interessant: Euer Autor macht sich also über Menschen lustig, die nach einem Jahr „wir schaffen das“ immer noch keine klare Meinung zum Thema haben? Hm.
Falls der Autor und der Musikexpress längst ihre super-duper-weise, für immer gültige Meinung und Allgemeinphilosophie über das Thema „Flüchtlinge“ gefunden haben sollten, Gratulation! Was ist denn Eure vor Weisheit triefende, über allem thronende Meinung? Dass wir es NICHT schaffen? Oder dass wir es TOTAL EASY schaffen? Gibt es noch einen differenzierteren, vielfältigen, lebendigen Bereich dazwischen für Euch?
Die meisten Menschen, die ich kenne, sind glücklicherweise noch etwas mehr in geistiger Bewegung. Ja, sie wollen helfen, aber sie sind sich auch bewusst, dass die gesamte Situation komplexer, widersprüchlicher und auch verwirrender ist. Sie suchen nach Antworten. Sie justieren ihre Meinungen, suchen ihre abschließende Haltung. Euer Kritiker sucht gar nichts. Er weiss alles schon. Eure Meinungsbildung ist also nach einem Jahr „wir schaffen das“ glorreich abgeschlossen? Hammer! Dann schreibt doch bitte, bitte, bitte einen Artikel, in dem ihr Eure Meinung, Euer politisches Allheilmittel zum Umgang mit der Flüchtlingskrise detailliert schildert – damit Frau Merkel und wir alle Bescheid wissen. Danke!

9. Hätte Angela Merkel „ Wir schaffen das“ als Motto aufgerufen, wenn sie gewusst hätte, dass am Ende dieser Film gedreht wird? (Sehr wahrscheinlich nicht!)

Hahaha. Echt extrem lustig. Was für eine billige Punchline. Genauso gut könnte man fragen: Wäre der Musikexpress vor Jahrzehnten von Musik und Kulturliebhabern ins Leben gerufen worden, wenn die Gründer damals gewusst hätten, dass darin irgendwann mal solche zynischen, niveaulosen Schmäh-Artikel auf junge Filme hingerotzt werden, die man nicht mal gesehen hat? Wahrscheinlich nicht.

10. Denkt M’Barek nach „Fack Ju Göhte“ jetzt wirklich, dass er Lehrer ist? Anders lässt sich sein Tonfall bei „Wir Deutsche sind noch immer so scheiß-verkrampft über unsere eigene Identität, dabei sind wir ein freies, tolerantes Land, ‘n geiles Land, aber dazu müssen wir stehen und diese Werte verteidigen“ nicht erklären.

Ok. Da kommt ja jetzt plötzlich ein richtig arroganter, fremdenfeindlicher Tonfall mit rein! Interessant. Elyas M´Barek, dieser für das Deutsche Kino völlig unbedeutende Schauspieler, soll sich also auf keinen Fall anschicken, irgendeine Meinung von sich zu geben? Er soll sich bloss nicht als „Lehrer“ oder gar als Deutscher fühlen? Wenn Elyas, der halb-tunesischer Abstammung ist, von „deutschen Werten“ redet, wird er dafür von Euch lächerlich gemacht? Hm. Wie 50er Jahre seid ihr eigentlich? Oder gar 30er Jahre? Da Euer Autor ja längst seine eindeutige, übermenschlich weise Meinung zu allen Fragen der Flüchtlingsthematik gefunden hat – also was hält er denn von dem, was Elyas sagt? Hat er auch mal irgendwas von Substanz zu sagen? Oder kommt da immer nur komplette Ahnungslosigkeit, zynische Verachtung und Überheblichkeit raus, wenn er über die Flüchtlingsthematik oder auch deutsche Schauspieler redet?

11. Hat der Film Subventionen vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bekommen?

Nein. Warum auch?

12. Durch die Thematik ist es sehr wahrscheinlich, dass sich Flüchtlinge diesen Film anschauen werden. Sind diese 08/15-Liebeskomödien wirklich das Kulturgut, dass sie sehen sollen?

Es wird immer absurder. In Frage 8 behauptet Euer Autor das absolute Gegenteil, nämlich, dass Flüchtlinge sich diesen Film wohl kaum anschauen werden. Naja – da sieht man eben deutlich, wie verwirrt ihr seid – und wieviel Sorgfalt in diesen Artikel geflossen ist. Nun ja, wie gesagt: Ja, auch Flüchtlinge – diese fremden Wesen, die Euer Autor anscheinend nur aus dem Fernsehen kennt – werden diesen Film sehen. Ich habe mit Dutzenden von Ihnen zusammen gearbeitet, um ihre Erfahrungen in diesem Film zu verarbeiten und sie freuen sich auf diesen Film.
Über den „0815-Komödienvorwurf“ kann man eigentlich nur lachen, wenn die Absicht dahinter nicht so traurig wäre. Erstens hat Euer Autor den Film nicht gesehen. Zweitens: Wenn Ihr wirklich glaubt, dass ein deutscher Film über eine zerstrittene Familie, die einen Flüchtling aufnimmt, in denen Themen wie Integration, Islamismus, Krieg-Traumata, Asylrecht, Rassismus etc behandelt werden – in der heutigen Zeit als „0815-Komödie“ zu bezeichnen ist, so lebt Ihr anscheinend in einem Paralleluniversum und seht jede Menge spannender Filme, die sonst keiner sieht. Mir ist noch keine Komödie dieser Art bekannt. Wenn „Willkommen bei den Hartmanns“ eine „0815-Komödie“ ist, sollte sich Herr Krüger dann vielleicht doch wohl lieber auf spannende, revolutionäre Dating-RomComs oder den nächsten Film von Michael Bay konzentrieren.

13. Ist der Film vielleicht ein geheimes rechtspopulistisches Projekt und soll Flüchtlinge kulturell abschrecken, damit sie Deutschland schnell wieder verlassen?

Nein. Das scheint mir eher noch euer Artikel zu sein. Aber ich muss zugeben, Eure Verwirrung wird immer drastischer. In Frage 11 habt ihr mich gefragt, ob der Film vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge subventioniert wurde. Jetzt vermutet ihr das Gegenteil, nämlich, dass der Film ein geheimes, rechtspopulistisches Projekt sein könnte. Na, was denn nun? Besser hätten Eure widersprüchlichen Thesen die allgemeine, deutsche Verwirrung, die mein Trailer beschreibt – nicht auf den Punkt bringen können. Danke.

14. Darf der Flüchtling am Ende mit Palina knutschen?

Nein. Aber… Respekt. Echt extrem geschmackvolle Frage. „Knutschen mit Palina“ – aus welcher Ecke im Gehirn Eures Autors kommt das jetzt? Aus der gleichen, in der auch Til Schweiger wohnt?

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15. Warum müssen Schauspieler bei bedeutungsschwangeren Sätzen immer auf Dachterrassen während des Sonnenuntergangs herumstehen?

Dass in Komödien auch Sonnenuntergänge vorkommen, sollte man echt verbieten. Echt absurd, dass menschliche Wesen die untergehende Sonne gerne ansehen! Ich glaube, Euer Autor sollte einfach selbst Komödien machen. Ohne Liebesgeschichten, ohne Herz, ohne Sonnenuntergänge, ohne Dachterrassen und ohne Flüchtlinge. Dafür aber mit Til Schweiger. Das ist doch sein geheimer Wunsch, oder?

16. Ob Frauke Petry den Trailer gut findet. Deutscher geht es ja immerhin nicht.

Ich glaube nicht, dass Frauke ihn besonders gut findet. Denn immerhin nimmt darin eine Familie einen Flüchtling auf und versucht, bei der Integration mitzuhelfen. Findet Frauke vermutlich erstmal nicht supergeil. Und dass es wesentlich „deutscher“ geht als mein Trailer habt Ihr mit Eurem Schubladendenken und Miesmacher-Fragen gerade eindrucksvoll bewiesen. Abgesehen davon, „Deutsch“ ist für Euch anscheinend ein grundsätzlich negativer Begriff, oder? Ich persönlich halte mich da eher an Elyas M‘ Barek ( Ihr wisst schon, dieser halbtunesische Typ) und seine kurze Rede im Film, über die Ihr Euch bereits lustig gemacht habt. Ich denke, wir sind eigentlich ein ziemlich geiles Land, das jetzt aber in einer schwierigen Situation ist. „Deutsch“ ist also für mich per se noch nichts Negatives. Für Euch anscheinend schon. Und auch das ist
übrigens wieder sehr, sehr deutsch, auf eine sehr altbackene Art.

17. Wird der Flüchtling am Ende abgeschoben?

Um das ernsthaft zu beantworten, sollte man sich vielleicht einfach den Film ansehen. Wäre eine Abschiebung für Herrn Krüger vielleicht das ersehnte Happy End? Ich befürchte es langsam. Aber falls diese Frage über Abschiebungen witzig, provokativ oder irgendwie lässig gemeint sein soll – ist sie für mich ein echter Tiefpunkt des Artikels.

18.Warum wird die Polizei schon wieder als ein Haufen Trottel dargestellt?

Tatsächlich? Wird die Polizei denn andauernd im Kino wie ein Haufen Trottel dargestellt? Wusste ich gar nicht. Welche hochaktuellen Filme sieht Euer Autor denn so? Police Academy 3? Aber gut – sorry, beim nächsten Mal werde ich es besser machen und die Polizei extrem heroisch, ernst, kompetent, unangreifbar und humorlos darstellen. Macht absolut Sinn für eine Komödie! Danke für den Tipp!

19. Der Trailer behauptet, dass „Wir“ alle verwirrt seien. Woher wollen die Filmemacher das wissen? Wirkt eher so, als ob Ihr ziemlich verwirrt seid.

Naja, mal abgesehen davon, dass euer Autor in vielen Fragen geradezu schmerzhaft verwirrt zu sein scheint (siehe nur die unseriöse Widersprüchlichkeit der Fragen 8 und 12 oder auch 11 und 13 ) – ja, wie gesagt: stellt Euch vor, für mich wirkt unsere Gesellschaft in der Flüchtlingskrise tatsächlich voller Widersprüche und Verwirrungen. Falls Ihr es noch nicht bemerkt habt: Die Extremisten nehmen zu, die Menschen in der Mitte diskutieren, streiten, suchen – wie es seit Jahren nicht mehr der Fall war. Einfach mal Nachrichten einschalten, lieber Musikexpress. Das Land ist verunsichert. Volatil. Schwankend. Nach seiner Mitte suchend. Und an dieser Verwirrung ist eigentlich auch nichts schlimm, sie ist lebendig und besonders für das Genre der Komödie ist eine gewisse Grund-Verwirrung der Figuren sowieso eine wichtige Komponente. Insofern für meinen
Film eine ganz gute Ausgangssituation. Falls Ihr Euch aber nun wirklich persönlich davon beleidigt fühlt, dass ich unser Land „verwirrt“ genannt habe – falls Ihr Euch zu den Über-Menschen zählt, die von Anfang an
total den Durchblick hatten – die längst eine völlig klare, von allen Weisheiten durchdrungene und unveränderliche Meinung zur Flüchtlingssituation entwickelt haben – dann gratuliere ich Euch nochmal ganz, ganz herzlich dazu! Das ist sicherlich die humorloseste und überheblichste Haltung, die mir seit langem begegnet ist. Und paradoxerweise auch die mit Abstand „verwirrteste“. Allein Euer verpeilter Artikel mit seinen sich widersprechenden Thesen, diese ganze Schnellschuss-Reaktion auf einen Trailer (!) ist übrigens der beste Beweis dafür, wie empfindlich und verwirrt die Stimmung in Deutschland gerade ist. Wie gesagt: Vielleicht wird Euer Autor bei der nächsten 0815-Komödie – die diesen Namen dann auch wirklich verdient – bei der er sich nicht so sehr über überraschend ernste Bezüge zur Gegenwart aufregen muss – wesentlich besser aufgehoben sein.

20. Würde man Flüchtlingen in Deutschland nicht viel mehr helfen, wenn man das Geld für den Kinobesuch an eine gemeinnützige Organisation spendet?

Keine Sorge. Unsere Produktion spendet Geld und ich persönlich auch – u.a. an eine Schule in München, die speziell für den Unterricht von Flüchtlingen gegründet wurde. Ich hoffe, Ihr tut das auch? Aber abgesehen davon: Ich denke, ein Film, der mit dem Flüchtlingsthema unverkrampft, emotional und humorvoll umgeht – dabei aber auch kritisch ist, multiperspektivisch, unbequeme Fragen anspricht – könnte einer differenzierteren Wahrnehmung von Flüchtlingen in unserem Land sehr wohl ganz gut tun. Ein wenig Humor kann auch zur Entkrampfung betragen. Hätte Eurem Autor vielleicht auch mal ganz gut getan. Aber dazu hätte er mal kurz von seinem verdammt hohen Ross absteigen müssen – aber dann hätte er ja gar keinen Artikel mehr gehabt, oder?
Auf jeden Fall kann ich Euch und ihn – und übrigens auch andere Filmexperten mit ähnlicher „Arbeitsphilosophie“ schon mit den Hufen scharren hören – mein Gott, wie unendlich cool und befriedigend wird das sein, wenn ihr diesen blöden 0815 deutschen Film dann endlich genüsslich in die Tonne treten könnt – mit Häme übergießen – zerreissen könnt! Ist ja wirklich die gefühlt zehntausendste deutsche Komödie über die Flüchtlingskrise, oder? Ich schlage vor, Ihr schreibt die Kritik jetzt schon mal vor? Müsst Euch nur noch einigen, ob Ihr den Film von rechts oder links angreift – das wird noch nicht ganz deutlich – wie gesagt: da wirkt ihr noch ein wenig verwirrt.

Abschließend: Die Redaktion hat weder Vorbehalte gegen die beteiligten Schauspieler, Regisseur Simon Verhoeven und schon überhaupt nicht gegen Flüchtlinge. Wir finden schlichtweg den Trailer sowie die grundlegende Idee, die Flüchtlings-Thematik in diesem Stil auf die Leinwand zu bringen, ziemlich schlecht.

Tristar Media WireImage