ME-Liste

Das sind die 100 besten Songs aller Zeiten


Spoiler: Die Beatles haben es nicht auf den ersten Platz geschafft!

33. Beastie Boys – „Sabotage“

Untrennbar verbunden ist das polternde Geschrei der drei New Yorker mit Spike Jonzes meisterhaftem Videoclip: In nicht einmal drei Minuten entfaltet Jonze eine adrenalintrunkene Actionmovie-Fantasie schnauzbärtiger Supercops. Der Song selbst ist ein kraftvoll-rabiater Hybride aus Punk und Rap. Das verzerrte Gitarrenriff, die kreischenden Scratch-Geräusche und die überdrehten Raps – alles ist laut und gewaltig: Vom ersten „IIIII can’t stand it!“ bis hin zu Adrocks Nervenzusammenbruch stürmen die Beastie Boys durch den Song wie ein tosender Mob durch die Großstadt – vor Wut schäumend und dennoch anmutig wie Fahnenträger der Generation X.

32. Queen & David Bowie – „Under Pressure“

Eigentlich kam Davie Bowie nur bei Queen in deren Mountain Studios in Montreux vorbei, um Backing Vocals für „Cool Cat“ aufzunehmen. Er war dann unzufrieden mit seinem Beitrag, weshalb es die Gesangsspur am Ende nicht aufs Album HOT SPACE geschafft hat. Doch während der Session spielte John Deacon immer wieder diese Bassline, die später mehrfach als bes­te aller Zeiten geehrt werden sollte. Bowie war begeistert, schrieb einen sozialkritischen Text, den Freddie Mercury mit zerbrechlichen Scat-Improvisationen begleitete. Und so wurde aus einem Demo namens „Feel Like“ Queens zweiter Nr.-1-Hit (von nur dreien) in England.

31. The Clash – „Rock The Casbah“

Als Lied des Friedens und der Verständigung war „Rock The Casbah“ eingebettet in die Kampfansagen des Albums Combat Rock und ebnete der politischsten der ersten Generation von Punkbands den Weg in die Arenen Amerikas: Stadionrock, aber beseelt vom unbeirrbaren Glauben an Change. Nicht dass der Clash-Groove bis dahin ein Fremdwort gewesen wäre, aber

Topper Headons Dancebeat ist hier absolut unwiderstehlich und treibend, während Joe Strummer arabische, hebräische, türkische und jüdische Wörter einstreut, um von den Bomberpiloten zu erzählen, die sich dem Befehl des Königs widersetzen: Anstatt Bomben abzuwerfen, spielen sie in ihren Flugzeugen Rockmusik.

30. John Lennon – „Imagine“

Erstaunlich viele Leute hassen diesen Song. Kitschig sei er. Gut, Geschmacksache. Andere nennen das: berührend. Naiv sei er. Denen antwortet Lennon selbst: „You may say I’m a dreamer, but I’m not the only one.“ Harmlos sei er. Wie bitte? Zu Beginn eines tiefrepublikanischen Jahrzehnts erwägt die mächtigste Stimme im Rock’n’Roll die Abschaffung von Religion, Besitz und Ländergrenzen und stellt Grundannahmen größter Glaubensgemeinschaften wie das Konzept von Himmel und Hölle infrage? Und verpackt das subversiv in ein bewusst radiofreundliches und so für maximale Hörerschaft zugängliches Kinderlied? Harmlos?

29. The Rolling Stones – „Gimme Shelter“

Apocalypse now: Die Sechziger neigen sich dem Ende zu, die „flower“ ist ausgepowert. In Prag stehen die Sowjets, in den USA toben Rassenunruhen und in Vietnam eskaliert der Krieg. Die Stones nehmen ihre Rolle als Kommentatoren des Zeitgeschehens ernst, die zentrale Zeile dieses düsteren, fast verzweifelten Bluesrockers lautet denn auch: „War, children, it’s just a shot away!“ Keith Richards’ souliges Intro ist nur die Ruhe vor dem Sturm, dem monumentalen Riff folgt Jaggers sorgenvolle Predigt, Gastsängerin Merry Clayton geht stimmlich an ihre Grenzen. Eine emotionale Wuchtbrumme von einem Song.

28.  Prince And The Revolution – „I Would Die 4 U“

Was Prince noch alles kann und will, wird er auf dem turbobunten Folgealbum AROUND THE WORLD IN A DAY (1985) demonstrieren. Bis dahin zieht er noch zwei unverschämt straighte Pophits aus dem Hut: „I Would Die 4 U“ ist einer dieser Songs, die Prince zu einem Schutzheiligen der späteren Electroclash-Szene machen werden. Ein Bass-Synthesizer als Souverän, die Drumbox verteilt Handclaps wie Ohrfeigen, Prince und seine Mädels knallen einem immer wieder diesen Liebesschwur um die Ohren: „U – I would die 4 u!“ (Warum es die folgende, fünfte und letzte PURPLE RAIN-Single „Take Me With U“ nicht in unsere Liste geschafft hat, müssen Sie die Jury fragen.)

27. Lou Reed – „Perfect Day“

In den Internetforen schlagen sich die User die Köpfe ein. „Klaro, Lied geht über Heroin“, sagen die einen. Die anderen: „Lou Reed hat oft genug betont, dass es von enttäuschten Hoffnungen handelt.“ Beides ist interessant, weil man zunächst etwas ganz anderes hört, nämlich eine abendschwere, elegische Hymne, die mit ihren großen Melodiebögen auch in einer 1:1-Rezeption hervorragend funktioniert. Auch wenn die Drogen-Geschichte Legende sein mag, hat der Erfolg des Songs eine Menge mit Rauschmitteln zu tun:  Der „Trainspotting“-Soundtrack (1996) machte über 20 Jahre nach seiner Entstehung aus „Perfect Day“ einen Hit ; vorher war er lediglich Albumtrack und B-Seite von „Walk On The Wild Side“. Was für eine Verschwendung.

26. Robert Wyatt – „Sea Song“

Robert Wyatts Fenstersturz während einer Party 1973, Querschnittslähmung, Rollstuhl. Das Album ROCK BOTTOM markiert die Stunde null für den Ex-Soft-Machine-Schlagzeuger. In den sechseinhalb Minuten von „Sea Song“ erfindet sich Wyatt noch einmal neu – in den schwimmenden Keyboardsounds und einem puerilen, flatterhaften Singsang, der seine Verwandlung vom Jazzrock-Drummer zum großen Jazz- und Rock-Alchemisten hörbar macht. Im leicht surrealen „Sea Song“ findet er dazu eine hochemotionale Sprache, die weniger in Worten als Texturen schillert. Dafür lieben wir Robert Wyatt.