Vinegar Joe
Ihre erste LP hiess einfach 'Vinegar Joe'. Doch die Platte machte weder in England, noch sonstwo, Schlagzeilen. Inzwischen standen die sechs Mitglieder von Vinegar Joe auf den meisten der bekannten englischen Bühnen. Ihre Live-Auftritte machten sie populär.
TOTALE FREIHEIT ENDETE IN MUSIKALISCHER ANARCHIE
Mit ‚Dada‘ fing alles an. Dada wurde von Elkie Brooks und Peter Gage ins Leben gerufen und sollte Musikern aller Stilrichtungen erstmalig die Gelegenheit geben, zusammenzuspielen. Die Idee war totale Freiheit, alle Arten von Musik sollten sich zusammenfinden, jeder sollte tun und lassen können, was er wollte. Doch dieses Experiment war nur theoretisch möglich, in der Praxis erwies es sich als Traum, der wie die meisten Träume nicht zu realisieren war. Die Gruppe bestand zeitweilig aus zwölf Mitgliedern (Lol Coxhill, der Piccadilly-Busker, war auch dabei). Zwölf musikalische Grundsätze, zwölf verschiedene Charaktere. Das kann, wenn wie im Fall von Dada finanzielle Probleme hinzukommen, in Chaos enden. Musikalisch ging es eine Zeitlang gut, doch chronischer Geldmangel zwang die Gruppe letztendlich dazu, auseinander zugehen. Peter Gage: „Aus der guten Idee wurde unweigerlich eine Art musikalische Anarchie. Aber wir haben bei Dada viel gelernt. Vor allem wurde uns klar, dass Musik eigentlich Entertainment ist. Man muss Musik machen, die die Leute unterhält. Nur wenn man sich dieser Tatsache bewusst ist, kommt man zum Erfolg. Dada konnte im weitesten Sinne als Jazz-Rock-Band bezeichnet werden. Wir beschlossen, auf den Jazz zu verzichten und nur noch Rock zu spielen.“
KEIN KOMPROMISS
Aus Dada ging Vinegar Joe hervor, von den ursprünglichen Mitgliedern waren allerdings nur noch Elkie, Peter und Robert Palmer übriggeblieben. Die Gruppe wurde kein Kompromiss. Man wollte tatsächlich etwas ganz neues anfangen, ausserdem war man, was ‚gute Ideen‘ betrifft, desillusioniert. Elkie: „Pseudo-Rock-Musik lockt heute keinen mehr hinter’m Ofen hervor. Die Leute haben mehr als genug davon bekommen. Jetzt wollen sie Action, sie wollen nicht nur hören, sondern auch sehen.
Deshalb muss heutzutage jede gute Gruppe auch einen guten Act haben. Ich glaube, Vinegar Joe bringt alle Voraussetzungen mit. Unsere Konzerte beweisen, dass wir den richtigen Weg gegangen sind. Wir stellen uns auf die Bühne und haben unseren Spass und wenn wir sehen, dass das Publikum lächelt, dann wissen wir, dass alles o.k. ist“.
Im März 72 wurde auf dem Island-Label die erste LP von Vinegar Joe veröffentlicht. Als die Gruppe an dem Album zu arbeiten begann, hatten sie noch keinen festen Drummer Keef Hartley und Conrad Isadore (von Stephen Stills) halfen aus. Ein Hit wurde dieses Debutalbum jedoch leider nicht. Vinegar Joe ist eben eine Gruppe, die man gesehen haben muss. Die Stärke der Gruppe liegt vor allem in der Show von Elkie Brooks.
DIE LADY MIT DER WHISKY-STIMME
Elkie Brooks wurde in Salford, einem Vorort von Manchester, geboren. Mit 16 wurde sie Sängerin von Eric Delaney’s Band. Dieser Periode hat sie ihre kräftige, heisere Stimme zu verdanken, denn sie musste sich damals die Kehle aus dem Leib schreien, um sich in einer so lauten Gruppe überhaupt Gehör zu verschaffen. Ausserdem war es jedes mal ein Kampf mit dem Publikum. Man spielte in Tanzhallen und kleinen Diskotheken und die Leute dort interessierten sich mehr für’s Bier, als für die Musik sie hörten nur zu, wenn Elkie laut zu schreien begann. Nach zweieinhalb Jahren trennte sie sich von Delaney. Ihr Ruf hatte sich inzwischen gefestigt. Sie veröffentlichte eine Solo-Single (‚Something’s Got A Hold On Me‘) und trat in Kabaretts auf. Doch diese Scene gefiel ihr nicht besser, als die Diskotheken-Gigs. Sie wechselte zum Jazz über und sang 18 Monate lang in der Gruppe von Humphrey Littleton. Danach war sie ein halbes Jahr bei Jody Grind, traf während dieser Zeit Peter Gage und gründete mit ihm zusammen Dada.
Elkie: „Nichts, was ich bisher gemacht habe, hat mich befriedigt. Die Zeit mit Dada war unheimlich frustrierend. Bei Vinegar Joe habe ich zum ersten Mal in meinem Leben das Gefühl, dass zu tun, was ich schon immer tun wollte.“
Wenn Elkie auf der Bühne steht, die Beine in die Luft wirft, flucht, kreischt und heiser flüstert, dann wirkt sie aggressiv, wild und sexy. Eine emanzipierte Frau, die jeder Situation gewachsen und allen Männern überlegen ist. Doch der Schein trügt. Elkie: „Ich ziehe diese Show ab, um meine Nervosität zu überspielen. Manchmal ängstige ich mich zu Tode und verstecke diese Angst dann hinter betont zur Schau getragener Aggressivität. In meinem Privatleben bin ich nicht ganz so schlimm. Da kann ich mir dieses Theater nicht erlauben, sonst hätte ich bald keine Freunde mehr. Auf der Bühne kann ich mich dann so richtig austoben und Mädchen wie Jungen sind gleichermassen beeindruckt. Ich find das okay auch wenn ich nur ihre sexuellen Träume personifiniere.“
VINEGAR JOE
Elkie Brooks – Gesang Peter Gage – Sologitarre Robert Palmer – Gesang, Gitarre Mike Deacon (Ex-Juicy Lucy) -Orgel, Piano Jim Mullan (Ex-Brian Auger) – ; Sologitarre John Woods – Drums Steve York – Bass