Beth Ditto
Fake Sugar
Sony
Ihr Solodebüt bietet abwechslungsreichen Pop, lässt Platz für Beths Stimme, macht nicht viel verkehrt ... Yes, there is an Aber.
Bei ihrer Solo-Livepremiere in Berlin (siehe ME 6/17) brachte die Ditto den Adele-Vergleich selbst zur Sprache. Im Scherz. Gerade hatte sie „Lover“ austremoliert, einer nach den Regeln zeitgenössischer Radiohit-Baukunst gefertigten Leidens(chafts)-Bekundung – mit Standtrommel-Galopp, Großflügel und Hallraum-Funkelgitarre im Drama-Dröhn-Refrain. Die weniger Adele- als beinahe schon Céline-Dion-verdächtige Ballade „Love In Real Life“, bei der die alltagsgebeutelte Ehefrau die Zeile „this is love“ zur Sicherheit fünfmal so oft singt als den Fortsatz „in real life“ (vgl. PJ Harveys „This Is Love“), hatte sie ihrem Publikum allerdings vorenthalten. Wie, ist die tatsächlich so schlimm? Nein, schlimm ist hier gar nix. Ein absolut anständiges Popalbum ist FAKE SUGAR geworden – mainstreamtauglich, aber eben glaubwürdig mit real life gefüllt und sehr wichtig: Ihre Songwriter- und Produzenten-Helferlein Jennifer Decilveo und Jacknife Lee haben viel Platz für Beth Dittos Riesenstimme gelassen.
Daneben macht der große Abwechslungsreichtum dieser Platte Spaß: Die Motown-Leichtigkeit von „In And Out“. Die verführerischen Chorarrangements von „Savoir Faire“, wie sie früher Madonna-Hits von Diskothek zu Diskothek fliegen ließen. Der fette Stomp, den Beth in „Oh La La“ reitet, um das bewährte „Platz da, hier komm ich!“-Tanzboden-Thema durch- und gleichzeitig auf ihre eigene toughe Südstaaten-Herkunft anzuspielen. Die Sehnsucht weckende Melodie dieses ganz wunderbaren House/Country/Gospel-Hybriden „Fake Sugar“: Oh ja! Doch wenn einem Ditto ihre neuen Songs nicht gerade livehaftig ins Herz rammt, rutscht einem FAKE SUGAR auch schnell mal aus dem Fokus und macht alleine weiter. Das Schicksal aller Radiomusik, auch der gelungenen?
Klingt wie: Cindy Lauper: She’s So Unusual (1983) / Yeah Yeah Yeahs: It’s Blitz! (2009) / Florence & The Machine: How Big, How Blue, How Beautiful (2015)