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Das sind die 100 besten Debütalben aller Zeiten


MUSIKEXPRESS hat die besten 100 Erstlinge gewählt. Von Wanda bis The Velvet Underground, here we go.

Was danach geschah: Auf dem Debüt klingt die Waits-Stimme noch vergleichsweise unverschlissen. Nach unzähligen „Old Gold“-Zigaretten und Whiskey-Gläsern hat sich Waits zwei, drei Jahre später die Stimme auf ein Level ruiniert, das zu seinem Markenzeichen wurde – und auch die Arrangements wurden viel rumpeliger.

19
Wanda
AMORE
2014

Die Idee war gut, und die Welt so was von bereit: Die Österreicher retteten 2014 im Alleingang den Rock’n’Roll mit dem, was man ein Gesamtpaket nennt: Gute Typen spielten gute Songs. Wobei: Wanda fügten an allen Ecken und Enden etwas hinzu. Die Wiener weckten Verlangen, indem sie dem Debüt drei hervorragende Singles vorausschickten (das erinnerte an Oasis). Sie formulierten einen eigenen Claim, der sofort im Kopf blieb („Amore!“). Und sie streuten einen Zauberstaub über ihre Songs, der streng nach altem Schnaps roch, nach der Luft des empfehlenswerten Wiener Lokals „Kreisky“ und den Achselhöhlen von Mick Jagger, ca. 1972. (Jochen Overbeck)

Was danach geschah: Die Wiener mach(t)en weiter immer weiter. Und „Amore“ ist vier Alben später zum Schlachtruf auch jenseits von Wanda geworden. Gerüchten zufolge soll nach NIENTE von 2019 bald ein neues Album erscheinen.

18
The Strokes
IS THIS IT
2001

Ja genau das ist es – ein absolut geradliniges wie simples Rockalbum. Eines, das schon vorab so einen Hype erfuhr, dass man weit mehr als nur eine Platte mit elf Tracks vermutete. Und irgendwie ist IS THIS IT ja auch mehr: Die New Yorker brachten uns schließlich mit einer ordentlichen Ansage den Anti-Trend. Hier gibt es Garage Rock und keine breitbeinige XL-Produktion. Lieber singt Julian Casablancas Trivia-Storys mit Augenlidern auf Halbmast zum Lo-Fi-Sound, der sich nur zu gerne an frühere Werke der Stooges oder auch Velvet Underground schmiegt. (Hella Wittenberg)

Was danach geschah: Das Cover, auf dem eine behandschuhte Hand auf einem nackten Hintern von der Seite zu sehen ist, war für den US-Markt einfach zu viel – das Artwork musste ersetzt werden. The Strokes wählten schließlich eine abstrakte Abbildung eines Physik-Experiments.

17
Black Sabbath
BLACK SABBATH
1970

16. Oktober 1969 in den Londoner Regent Sound Studios: Nach zwölf Stunden unter der Ägide von Produzent Rodger Bain befanden sich sieben Songs, prinzipiell das seinerzeit aktuelle Live-Repertoire der nach Boris Karloffs Horrorfilmklassiker benannten Band aus dem Großraum Birmingham, im Kasten. Dass ihr Debüt mal als erste LP des Metal-Genres, der Titelsong als erste Doom-Metal-Hymne in die Rock-Annalen eingehen sollte, davon ahnte die Band rein gar nichts. Zumal das in eindeutigem Artwork (im Ausklappcover tummelte sich ein auf den Kopf gestelltes Kreuz!) verpackte Werk mit seiner von Ozzy Osbournes Klagegesang umflorten archaisch-düsteren Wucht-Ästhetik sich zur provokanten Antithese der damaligen Jesus-Welle entwickelte. (Mike Köhler)

Was danach geschah: Veröffentlicht an einem Freitag, den 13., erwies sich das Debüt binnen Monaten als Bestseller.

16
A Tribe Called Quest

PEOPLE’S INSTINCTIVE TRAVELS AND THE PATHS OF RHYTHM
1990

THE LOW END THEORY als alles überstrahlendes Referenzwerk hat der Rezeption des Debüts von A Tribe Called Quest lange Zeit ein wenig die Sicht verdeckt. Mit den Jahren jedoch hat sich der Fokus zugunsten dieses Albums neu justiert. Im Kollektiv Native Tongues, dem u.a. auch De La Soul, Jungle Brothers, Queen Latifah und Monie Love angehörten, hatten Q-Tip, Phife Dawg, Ali Shaheed Muhammad und Jarobi White Gleichgesinnte gefunden, hier entwickelt sich der Nährboden für ihren Conscious Rap, dessen Schwerpunkt auf Musikalität und die ebenso komplexen wie zurückgelehnten Arrangements für eine ganz neue Klangfarbe im urbanen HipHop sorgen. (Ingo Scheel)

Was danach geschah: Knapp anderthalb Jahre später erscheint besagter Meilenstein, THE LOW END THEORY.

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15
Oasis
DEFINITELY MAYBE
1994

Zwei Durchschnittstypen im Manchester der mittleren 90er, die halt doch keine Durchschnittstypen waren. Hochbegabter Songwriter und Gitarrist der eine, kolossaler Frontmann der andere. Dass im Leben nicht immer alles läuft, wie es laufen sollte, wussten sie, damit abfinden wollten sie sich nicht. „Rock’n’Roll Star“ ist der perfekte erste Song für ein erstes Album, „Live Forever“ lässt einen nie im Stich – und an manchen Tagen gibt es überhaupt nichts Besseres als die Gitarre am Anfang von „Supersonic“. Definitiv nie hat Britpop mehr Punch gehabt. (David Numberger)

Was danach geschah: 2009 lösen die Gallagher-Brüder die Band auf, natürlich im Streit. Was Show ist, was echt, ist dabei nie ganz klar. Gut möglich, dass Noel und Liam nicht zusammen Weihnachten feiern. Ausgeschlossen ist es aber auch nicht.

14
Billie Eilish
WHEN WE FALL ASLEEP, WHERE DO WE GO?
2019

An diesem Album ist gar nichts gefällig. Schon „!!!!!!!“ wirkt mit dem Gelächter von Eilish und ihrem Produzentenbruder Finneas eher wie ein Outtake statt eines typischen Openers. Aber wir haben es hier auch gar nicht mit so einem klassisch-homogenen Werk zu tun – vielmehr versammeln sich auf der Platte Songs, die sich in alle Richtungen drängen und dehnen. Mal balladesk, mal mit viel Trap und bratzenden Electrobeats besingt die zu dem Zeitpunkt 17-Jährige unerwiderte Liebe, Suizidgedanken, Momente des Selbst-Empowerns und lässt auch das drückende Gefühl von Isolation nicht aus. (Hella Wittenberg)

Was danach geschah: Das „!!!!!!!“, in dem Eilish zunächst geräuschvoll ihre Zahnspange herausnimmt, ist nur einer der vielen ASMR-würdigen Augenblicke des Albums, die die Sängerin letztlich auch zur Queen des Internetphänomens gemacht haben.

13
Leonard Cohen
SONGS OF LEONARD COHEN
1967

Er hatte früher in einer Schülerband gespielt und sich ein paar Gitarrengriffe beigebracht, ansonsten war Cohen bis in seine Dreißiger hinein nicht groß am Musikmachen interessiert. Er wollte lieber Dichter sein, trieb sich in kanadischen Künstlercafés rum, eine Zeit lang auch in Griechenland. Andererseits ließ es sich als Singer/Songwriter in den 60ern ganz gut leben, Bob Dylan hatte es vorgemacht. Mit sanft-monotoner Stimme sang Cohen „Suzanne takes you down …“, und war ein Star. Auch „So Long, Marianne“ und „Sisters Of Mercy“ wurden Klassiker. Die karge Melancholie, die religiösen Bilder, die geheimnisvollen Frauen: Viel von dem, was Cohens Songs auch später ausmachte, war hier schon da. (David Numberger)

Was danach geschah: Cohen schrieb nebenbei weiter Gedichte, ein Jahr vor seinem Tod auch ein ziemlich großartiges über Kanye West.

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12
The Jimi Hendrix Experience
ARE YOU EXPERIENCED
1967

London-Heathrow, am 24. September 1966: Ein junger Gitarrist aus Seattle ist eben gelandet, wird demnächst zwei kompetente Mitstreiter an Bass und Schlagzeug engagieren, im Dezember die Single „Hey Joe“ veröffentlichen und mit denkwürdigen Club-Auftritten die Londoner Platzhirsche düpieren. Im Mai folgt das Debütalbum, oszillierend zwischen feedbackgesättigtem Psychedelic-Rock, entfesseltem Space-Age-Experiment und etwas Blues. Nur klingt all das bei Hendrix völlig anders als bei den braven britischen Blues-Jüngern: wild, kompromisslos, revolutionär. Ein Album als Gamechanger, als Weckruf für die Rockszene und vor allem die vermeintlichen Gitarrenhelden, denen vorgeführt wird, was sich für irre Klänge aus diesen sechs Saiten zaubern lassen, wenn man die Kraft der Elektrizität nur konsequent genug nutzt. (Uwe Schleifenbaum)

Was danach geschah: Zwei weitere offizielle Studioalben, legendäre Live-Shows, viel zu früher Tod.

11
The Stone Roses
THE STONE ROSES
1989

Perfektion ist Sache der Götter? Von wegen. Das Debüt der Stones Roses funkelt auch über drei Dekaden nach seiner Entstehung wie pures Bernstein im Sonnenlicht. Das hypnotische „I Wanna Be Adored“ zum Auftakt, der schillernde Britpop von „She Bangs The Drums“ und „Waterfall“, der Groove von „Made Of Stone“, das orgiastische „I Am The Resurrection“ zum Ausklang, mit seinem Bogen von Rave zu QUADROPHENIA, und alles dazwischen, wie Perlen an einer Schnur, von Klangjuwelier John Leckie auf Hochglanz poliert. Vielleicht ein Grund, warum es den Mannen aus Manchester nie so wirklich gelingen sollte, ihr Debüt in adäquater Form auf die Bühne zu bringen: Eine Sternenkonstellation wie diese gibt es alle paar Jahrhunderte nur einmal. (Ingo Scheel)

Was danach geschah: Fünf Jahre Wartezeit auf SECOND COMING, das zweite Album, für das bis heute nur ein Plätzchen im Schatten geblieben ist. Split 1996, Reunion 2011, die neben einer Tour nur zwei Singles hervorgebracht hat. Erneuter Split 2017.