Für immer Punk: Alle Alben von Nina Hagen im ME-Ranking

Nina Hagen ist keine Kunstfigur. Nina Hagen ist ein ganzes Kunstfigurenkabinett.


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Keine(r) ist wie sie. Das wäre allen anderen auch viel zu anstrengend. Ausgerüstet mit der Mission, am Weltfrieden zu arbeiten, geistert Nina Hagen seit vielen Jahren durch die Medienlandschaft. Was dabei manchmal etwas untergeht, ist ihre musikalische Stellung von Ende der 70er- bis Mitte der 80er-Jahre: In dieser Zeit lebt Nina Hagen den Punk und füttert den Pop, wie keine andere Künstlerin es getan hat.

Die drei besten Alben von Nina Hagen

Nina Hagen Band – NINA HAGEN BAND (1978)

Das Debüt mit den Leuten, die später als Spliff Karriere machen: Exzellente Rock-Tracks, die eigentlich kaum Punk-Elemente besitzen, sondern eher an den New-Wave-, Pub- und Glam-Rock erinnern, der in Großbritannien auf dem Stiff-Label erscheint. Die Band spielt fantastisch, Nina Hagen singt, als wäre der Job als Rocksängerin ihre einzige Berufung.
★★★★★

Nina Hagen – NUNSEXMONKROCK (1982)

Das erste Album ohne Band-Appendix ist eine Übung in Avantgarde. Mit Hilfe von US-Musikern gelingt Nina Hagen eine Platte mit Mutant-Disco-Beats, spacigen Instrumentalpassagen und irren Vocal-Improvisationen. Einige Tracks wie „Smack Jack“ stammen noch aus ihrer verdrogten Amsterdam-Phase, andere wie „UFO“ oder „Cosma Shiva“ verweisen auf die paranormalen und spirituellen Bausteine, die fortan viele ihrer Texte bestimmen.
★★★★★

Nina Hagen – ANGSTLOS / FEARLESS (1983)

Kalkuliert, aber eindrucksvoll inszeniert sich Nina Hagen als deutsche Disco-Diva, eine Art BRD-Variante von Grace Jones, mit deutlich stärkerer Stimme und komplett anderem Look. Der Disco-Track „New York / N.Y.“ funktioniert formidabel. Stücke wie „Lorelei“ oder ihre Version des von Zarah Leander berühmt gemachten Liedes „Ich weiß, es wird einmal ein Wunder gescheh’n“ stehen für ihr deutsches Erbe.
★★★★★

Weitere Hit-Alben von Nina Hagen

Nina Hagen Band – UNBEHAGEN (1979)

Passender Albumtitel, denn es liegt Unbehagen über dieser Platte: Die Musik entstand größtenteils ohne die Sängerin, mit deren vermeintlich überhöhter Ego-Entwicklung die Jungs ihre Probleme hatten. Entsprechend gibt es ein paar mehr technische Spielereien auf dem Album.
★★★★

REVOLUTION BALLROOM (1993)

Rückkehr zur Exaltiertheit, das Projekt gelingt mit damals zeitgemäßem Alternative Rock immerhin zur Hälfte.
★★★★

OM NAMAH SHIVAY (1999)

Nina Hagen vertont eine Hare-Krishna-Veranstaltung – beruhigender, als man denken könnte.
★★★★

BIG BAND EXPLOSION (2003)

Die Sängerin dominiert eine Bigband, wie man es nur selten erlebt.
★★★★

IRGENDWO AUF DER WELT (2006)

Mit Revue-Songs und Schlagerinterpretationen findet Nina Hagen kurz ein neues Zuhause.
★★★★

VOLKSBEAT (2011)

Smart, nicht überdreht, beinahe in sich ruhend – starkes Album.
★★★★

Diese Platten sind nur Mittelmaß

Nina Hagen – NINA HAGEN IN EKSTASE / NINA HAGEN IN EKSTASY (1985)

Die fortschreitende Synthie- und Digital-Technik der 80er-Jahre tun dem Sound des Albums nicht gut. Die Pläne der Plattenfirma CBS, Nina Hagen zur Hit-Künstlerin zu machen, auch nicht. Zwar läuft „Universelles Radio“ in Clubs, doch fehlen Frische und Frechheit. Als Coverversion wählt sie Sinatras „My Way“ sowie den religiös eingefärbten Hippie-Hit „Spirit In The Sky“ von Norman Greenbaum, den sie mit „Gott im Himmel“ eindeutscht.
★★★

FREUD EUCH (1995)

UFOs, Tiere, Freiheit – dazu ein Gloria und ein Track über den Elefantengott: Nina-Hagen-Trash, nicht ohne Witz.
★★★

PERSONAL JESUS (2010)

Der Versuch, Nina Hagen in Johnny-Cash-Fahrwasser zu bringen – ein halbseidiges Unterfangen.
★★★

UNITY (2022)

Das Album bestätigt nach elf Jahren Pause die gute Spätform: Ein perfektes Zuhause für Nina Hagen – und die schöpft aus den Vollen. Feminismus und Konsumkritik, Bibelgeschichten und ein Cover von „Die Antwort weiß ganz allein der Wind“ – eine Platte wie eine Revue. Nina Hagen singt brillant, die Musik ist gut, wenn sie Abstand nimmt vom Electro-Rock, der manche Momente verhunzt, weil er nach dem klingt, was man sich bei RTL unter Rockmusik vorstellt.
★★★

NINA HAGEN (1989)

Gescheiterter Versuch einer mehr oder weniger konventionellen Hardrock-Platte.
★★

RETURN OF THE MOTHER (2000)

Die Idee war es, Nina Hagen im Joachim-Witt-/Rammstein-Lager zu positionieren. Klappt nicht.
★★

Der Alben-Überblick ist zuerst im ME 12/22 erschienen.

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