ME Liste

Das sind die 100 besten Live-Alben aller Zeiten


Die 100 besten Live-Alben in der ultimativen ME-Liste – diese Platten sind für die Ewigkeit.

40. The Knife – LIVE AT TERMINAL 5

Wirre Aerobic-Einlagen, opulente Kostüme, abgefahrene Remixe ihrer Hits und mehr Oper als Konzert. Bevor die Andersson-Geschwister ihr Elektro-Pop-Duo hinter sich ließen, schmissen sie eine letzte Party, die lange nachwirken sollte. – Christopher Hunold

Der Moment: als Karin Drejer Andersson das Gedicht „Collective Body Possum“ von Jess Arndt performt. Ein scharf formulierter Beitrag zum Thema Genderfluidität und Macht über den eigenen Körper.

39. Anna Calvi – LIVE AT MELTDOWN

Mehr Messe als Konzert: Ein Jahr vor ihrem Comeback HUNTER brachte die Britin diesen düster-sakralen Live-Mitschnitt vom Meltdown-Festival raus. Im Hintergrund Choral-artige Gesänge, davor die eben nicht männliche Gitarrengöttin, die sich traditionell maskulin codierte Posen zu eigen macht, natürlich auch ausstellt. – David Numberger

Der Moment: wenn die Gitarre aus dem nervösen elektronischen Brummen von „Ghost Rider“ herausexplodiert.

38. Judy Garland – JUDY AT CARNEGIE HALL

Der Auftritt der Schauspielerin gehört zu den Legenden der Popkultur, eines der Comebacks des früheren Kinderstars mit dem rauen Leben, deren Begräbnis später zu den Auslösern der Stonewall Riots gehören sollte. So legendär, dass 2007 Rufus Wainwright gar ein Reenactment- Album aufnahm. – Steffen Greiner

Den Moment konnte er aber nicht reproduzieren: Den Charme der Monologe zwischen den prächtig arrangierten Stücken von Oz bis Gershwin.

37. Autechre – AE LIVE 2016/2018

Das Techno-Duo ist die Musik-Version der großzügigen Verwandtschaft, die das Wort „satt“ am Esstisch nicht kennt. Dieses neunstündige Monstrum besteht aus sieben kompletten Auftritten, die jeweils eine neue Variation der vorherigen Aufnahme dar- und ihre bisherigen Alben auf den Kopf stellen. – Christopher Hunold

Der Moment: Das Finale der Melbourne-Show, als in den letzten 20 Minuten die brodelnden Sounds alles auffressen, was ihre Maschinen in der halben Stunde zuvor aufgebaut haben.

36. Björk – LIVE BOX

Vier Live-Alben, aufgenommen bei den Touren der bis dahin vier Platten, ergänzt um TV-Mitschnitte. Die Mitschnitte aus der HOMOGENIC- und VESPERTINE-Phase zeigen elektro-orchestrale Pracht, der Gig zu POST bietet purste Elektronik. Toll sind die Unplugged-Versionen von DEBUT: Kunstmusik mit pochendem Herzen. – André Boße

Der Moment: das autoritäre „pssst“ bei der TV-Performance der Revuenummer „It’s Oh So Quiet“.

35. Blue Notes – BLUE NOTES IN CONCERT

Endlich: eine Live-Liste ohne THE KÖLN CONCERT! Als bestplatzierter Jazz stattdessen die südafrikanisch-britischen Blue Notes – gegründet in den frühen 60ern, war das Sextett mit schwarzen und weißen Mitgliedern in Südafrika Repressionen ausgesetzt und entschied sich 1964 auf einer Konzertreise für die Migration. In London nahm es die Einflüsse des sich entwickelnden Freejazz in ihren Sound auf und verband Atonalität mit südafrikanischen Klangtraditionen. – Steffen Greiner

Der Moment: wie sich aus dem Klanggewitter eine dieser hymnisch-himmlischen Kwela-Akkordfolgen erhebt und das Dopamin schießen lässt.

34. Queen – LIVE KILLERS

Mitgeschnitten während ihrer wohl verrücktesten Phase, der Europa-Tour zum Album JAZZ, zeigt das albern betitelte erste Live-Album Queens eine Band auf ihrem kreativen Zenit. Wie ein Blitz fährt Brian Mays Riff zur „Fast Version“ von „We Will Rock You“ aus einem Playback-Wolkenbruch und eröffnet einen Abend, dessen Vielseitigkeit sprachlos macht. Neben zahllosen Singalongs, dem Mitgestampfe und Mitgeklatsche ist hier sogar Platz für die abenteuerliche Sound-Collage in „Get Down, Make Love“. Die Selbstsicherheit der Band steckt an, wir sind die Champions. – Stephan Rehm Rozanes

Der Moment: wenn sich „Mustapha“ unversehens in „Bohemian Rhapsody“ verwandelt.

33. John Cale – SABOTAGE/LIVE

Reaktionäre Rockmusik mitten im Punk-Aufbruch, eine Überraschung war das Album allemal. Die neun Songs aber werden zu einer machtvollen Live-Demo, weil Cale hier den Krieg der Saiten antritt, einen zynischen Report aus dem Waffengang schreibt („Ready For War“) und die Gewalt geradezu in den Raum bellt. SABOTAGE/LIVE ist eine der größten Hass- und Angst-Platten der Rockmusik, nervtötend bisweilen, mit einer Band, die Harmonien sabotiert. Aber doch: ein Wachrüttel-Kommando. – Frank Sawatzki

Der Moment: der Grusel, den Cale mit Worten produziert: „I clean my rifle every day, that’s why my rifle is my friend“.

32. Kraftwerk – MINIMUM-MAXIMUM

Die Musikarbeiter im konventionellen Platte/ Tour-Modus: 2003 hatten Kraftwerk mit TOUR DE FRANCE ein neues Album gestemmt, im Jahr darauf wurde extensiv getourt. Mitte der Nuller, fünf Jahre nach „Expo 2000“, erscheint ihr erstes Live-Album mit Aufnahmen jener Konzerte. MINIMUM-MAXIMUM, später auch Titel einer Ausstellung des Band-Fotografen Peter Boettcher, haucht den Robotern Leben ein: Applaus zwischen den Songs, dickere Beats, Atmosphäre, alles drin – Greatest Hits in digitaler Präzision. – Ingo Scheel

Der Moment: der vokale Breakdown-Part in „Autobahn“ im Scheitelpunkt aus Beach Boys und Barbershop.

31. Diverse – WOODSTOCK: MUSIC FROM THE ORIGINAL SOUNDTRACK AND MORE

Die Mutter aller Live-Alben. Alle Stars, alle Hits, alles voller Schlamm und Frieden und Glück und Drogen im August 1969. Und als Jimi Hendrix die US-amerikanische Nationalhymne zerpflückt, nimmt er unwissend schon das Ende der Hippie-Utopie und des vermeintlichen gesellschaftlichen Aufbruchs vorweg. Vier Monate später stirbt der schöne Traum in Altamont, bald darauf Joplin und Hendrix. – Thomas Winkler

Der Moment: als die Massen den Wettergott überzeugen wollen, mit dem Regen aufzuhören. In diesem Augenblick glauben sie daran, dass sie die Welt verändern können.