Kolumne

Paulas Popwoche: Live, Laugh, Wähl


Paula Irmschler über cringy Songs übers Wählen, warum Teddy aufregender als Raab ist, Spotifys sinnige KI-Playlists und Beyoncés Übermacht.

Es ist gerade die schlechteste und beste Zeit für Pop. Es ist Superwahljahr auf mehreren Kontinenten, es gibt immer mehr Aufbruchsbewegungen und dann ist auch noch Frühling.

Während sich deutsche Männerbands dazu entscheiden, aus ihren Eigentumsaltbauwohnungen den Leuten da unten auf der Straße nochmal eine Anklage zuzurufen, gönnen uns andere lieber ästhetisch Ansprechendes und selbst Kämpferisches. Ich will auf die cringen Songs von den Ärzten und der Antilopen Gang wirklich nicht groß eingehen, das haben glücklicherweise schon andere getan, aber nur sagen, dass wenn man das Unpolitischsein anderer kritisiert, sich vielleicht auch um mehr drehen müsste als um sich selbst.

Paulas Popwoche: Scheiße am Set

Zum Beispiel kann man als bekannte und gut vernetzte Band selbst mal eine Demo anmelden, statt sich nachher zu beschweren, dass es keine gab und zum Beispiel reicht der Aufruf, politisch zu sein, nicht aus, wenn man nicht auch eine Vorstellung hat, in welche Richtung es gehen muss, um Faschismus zu verhindern. Ich fände es gut, wenn AfD-Anhänger zum Beispiel eher nicht wählen gehen würden.

Apropos! A blast from the past: Den Song „Wähl‘ die AfD“ von Jennifer Rostock (2017) finde ich erschreckend gut gealtert und angemessen konkret und wütend.

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Beyoncé der Woche

Drüben in den USA holen sich gerade Schwarze Menschen unter der Leitung von Beyoncé den Country von den Weißen zurück. Nachdem sie 2016 den astreinen Countrysong „Daddy Lessons“ veröffentlichte und mit übelst rassistischen Reaktionen überhäuft wurde, weil sie im Country nichts zu suchen habe, begab sie sich auf musikalische Spurensuche und nun halten wir endlich alle COWBOY CARTER in unseren digitalen Griffeln. Das Album hat es jetzt auf Platz eins der Country-Charts geschafft und sämtliche gefeatureten Schwarzen Künstler*innen bekommen endlich die Aufmerksamkeit, die sie verdient haben.

Paulas Popwoche: Ewiger Sonnenschein

Die Autorin und Songwriterin Alice Randall (deren Buch „My Black Country“ diese Woche erschien), wirft in dem Podcast „On the Media“ anlässlich des Beyoncé-Releases einen Blick auf die Geschichte von Schwarzem Country.

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Zudem hat sich die Community auf TikTok die Mühe gemacht und sämtliche Referenzen auf COWBOY CARTER zusammengetragen, ich liebe das Internet.

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Deutsche Comedy: Stefan Raab oder Teddy Teclebrhan

Stefan Raab kommt zurück, weil er endlich diese eine Frau schlagen will. Na klar! Der Kampf gegen die Boxerin Regina Halmich, den er schon zweimal verloren hat, soll nun in eine dritte Runde gehen – can’t you just get over with it? Es geht um Business, schon klar. Ein Comeback von Raab, nichts fiebere ich mehr entgegen. Also wirklich im Sinne von Fieber – eine schlimme Krankheit halt. Ich hatte das Gefühl, wir haben uns gerade erst erholt, von dem chauvinistischen Mainstream-Humor der Nuller, bei dem es immer nach unten ging – auf Arme, Dicke, Rassifizierte und Ossis – ein Humor für den Raab stand wie kein Zweiter, da sitzt er im Fatsuit im Insta-Reel und verkündet seine Rückkehr. Naja, hoffentlich ist das alles schnell wieder vorbei … eine letzte Zuckung und dann sleep well, Großer.

Paulas Popwoche: Neid auf J. Lo!

Was wirklich viel zu schnell vorbei geht, ist die Show von Teddy Teclebrhan, „Die Teddy Teclebrhan Show“ (auf Prime Video). Ich habe lange nicht mehr so gelacht beim Anschauen einer Comedysendung – und geweint vor Rührung. Teddy ist ja eh der beste, liebste, lustigste (der einem großen Publikum tatsächlich durch „TV Total“ bekannt wurde – er ist diese eine gute Sache). Aber in dieser Show steckt so viel Liebe und Wahnsinn und Chaos, dass man es kaum glauben kann.

Die Show ist Teddys Spielwiese, auf der natürlich nicht immer alles funktioniert, aber das ist wurst, weil er es eben einfach versucht und es als Gesamtpaket dann doch wieder total stimmig ist. Dazu hat er einen Haufen Gäste eingeladen, die entweder total gut oder überhaupt gar nicht passen. Ich dachte mir nur die ganze Zeit: Können wir das nicht jeden Abend haben, Teddy? Könntest du nicht viermal die Woche im TV laufen? Aber man will ja auch niemanden stressen. Teddy soll machen, was Teddy will.

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KI-Skandal der Woche

Ein Haufen sehr berühmter Leute haben einen offenen Brief an die Artist Rights Alliance mit der Aufforderung unterschrieben, dass Onlineplattformen keine KI benutzen sollen, weil sie damit die Rechte von Künstler*innen verletzten und entwerteten. Ich muss gestehen, mein erster Gedanke war: Kriegt euch ein. Mein zweiter: Bekommt ihr nicht genug Geld durch eure 300-Euro-Ticketverkäufe? Mein dritter: Ist KI nicht einfach eine lustige Spielerei für Mainstream-Pop? Der vierte: Grimes hatte doch auch mal was dazu gesagt. Ihr Vorschlag:

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Mein hot take: KI birgt Chancen, aber auch Risiken. Da muss sich jemand mal was überlegen!

Paulas Popwoche: „You can’t sit with us!“

Meanwhile testet Spotify in Australien und Großbritannien KI-Playlists, die auf Schlagwörtern basieren. Beispiele, die Spotify vorschlägt, sind: „relaxing music to tide me over during allergy season“, „sad music for painting dying flowers“ or „tracks for horse riding into the sunset“. Geil, genau nach sowas suche ich!

Song der Woche: „Slow Burn“ von Infinity Song

Durch eine noch nicht KI-generierte Playlist (sondern nur durch good old Algorithmen) wurde mir vor einer Weile Infinity Song reingespült, eine Geschwisterband aus New York City, die es schon seit zehn Jahren gibt, bei Jay Zs Roc Nation Records unter Vertrag ist und die ich jetzt sehr, sehr liebe. Schaut mal:

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Alben der Woche: Tyla, Tori Kelly, Adrianne Lenker, Lizzy McAlpine, Waxahatchee, Christin Nichols

Es ist gerade mal wieder eine dieser Phasen, in der ich denke: Musik, oder? Wie geil kann sie sein? Und sie wird irgendwie immer besser, wie ist das möglich? Zur Zeit kommt ein geiles Album nach dem anderen raus. Der musikalische Frühling 2024 ist der absolute Wahnsinn und es reißt nicht ab: Tyla, Tori Kelly, Adrianne Lenker, Lizzy McAlpine, Waxahatchee, Christin Nichols – das sind so meine Favoriten der letzten Wochen.

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Am häufigsten wird hier aber momentan das Album von Chastity Belt (mit dem besten Titel LIVE LAUGH LOVE und dazu dem besten Cover) gepumpt, dazu die Nase in die frische Frühlingsluft gehalten, die Hand auf die Brust gelegt und „hach“ gesagt.

Was bisher geschah? Hier alle Popkolumnentexte im Überblick.

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