Kneecap: Bollerköpfe im Showbusiness
Kneecap fliegt ihr Polit-Krawall um die Ohren. Sie haben sich überschätzt. Wenn sie antisemitisch oder cop-killer-mäßig unterwegs sein wollen, müssen sie halt mit Gegenfeuer rechnen.

„Your Arms Too Short To Box With God”. Der US-Rapper Lakim Shabazz machte einst einen Song aus diesem weisen Merksatz. Und auch drei Jahrzehnte später sollte man wissen, mit wem man sich anlegt.
Die irischen Rap-Raver Kneecap, denen gerade ihre Festival-Bookings des Sommers als auch hierzulande die Hallenkonzerte flöten gehen, haben sich offensichtlich überschätzt. Sie spielen auf hochkommerziellen US-Live-Events wie „Coachella“, wo sie präpotente Anti-Israel-Reklame machten. Sie droppen Neuköllner Demo-Parolen, von wegen von den USA finanzierter Völkermord.
Und nun wundern sie sich, dass ihnen reihenweise die Sommer-Deals gekündigt werden, zumal ihre Agenda an „Vorfällen“ mittlerweile lang ist.
Warum Kneecap ihren Standpunkt verteidigen
Der Bandmanager verteidigt sie, er nennt die Kritik am „Coachella“-Auftritt „moralische Hysterie“. „Wenn sich jemand durch die Wahrheit verletzt fühlt, ist das sein gutes Recht“, sagte er im irischen Sender RTÉ1. „Aber es ist wirklich wichtig, die Wahrheit zu sagen, und zum Glück haben die Jungs keine Angst, das zu tun.
Und weiter: „Sie haben den Mut und die Überzeugung, für das Richtige einzutreten, wenn man bedenkt, dass sie in einer Post-Konflikt-Gesellschaft kommen. Sie sind bereit dazu, auch wenn es ihrer Karriere schaden könnte.“
Spätestens nach dem Biopic über ihre frühe Phase hat das Trio (zwei Rapper, ein DJ) eine gewisse Fame in Nordirland und in der Republik Irland erlangt. Der 2024er-Film ist eine Art West-Belfaster „Trainspotting“, ein krawalliges Portrait über eine krawallige Band. Kneecap vertreten partytaugliche IRA-Positionen, also Nordirland endgültig raus aus UK. Ansonsten ergeht man sich in einem oberkörperfreiem Rave Rap. Voll auf die Glocke.
Wegen ihrer Verwendung des irischen Idioms als Pop-Sprache und der Auszeichnung beim BAFTA-Award war man in Irland bislang recht stolz auf die jungen Abräumer.
„Der einzige gute Tory ist ein toter Tory. Töte deinen lokalen Abgeordneten“
Das ist nun gekippt. Wie in der „Irish Times“ nachzulesen haben sogar Regierungsstellen („Taoiseach“) die Rapper aufgefordert, angebliche Äußerungen von Bandmitgliedern über die Unterstützung von Hamas und Hisbollah und die Ermordung konservativer Tory-Abgeordneter „dringend zu klären“. Der Politiker Micheál Martin äußerte sich zu dem Video, das die Gruppe bei einem Konzert im November 2023 zeigt und auf dem ein Bandmitglied skandiert: „Der einzige gute Tory ist ein toter Tory. Töte deinen lokalen Abgeordneten“.
Das lief bislang als „Underground“ oder auch Polit-Pop-Randale wie seinerzeit bei den Compton-Gangstern N.W.A.
Doch Kneecap haben sie zu weit in den Mainstream hineinbegeben, und stehen somit unter Beobachtung einer breiteren Debatte. Nachdem das UK-Festival in Cornwall “Eden Seasons“ ihnen bereits abgesagt hat, steht auch der renommierte Slot in Glastonbury auf der Kippe. In Deutschland ist ja bereits Schicht. Eine Band im Abkühlbecken.
Kneecap sind mit einer kompromisslosen Bollerköpfigkeit in ein pop-politisches Minenfeld hineingelaufen
Die eilige Erklärung von Kneecap, in der es heißt, dass sie „weder die Hamas noch die Hisbollah unterstützen und dies auch nie getan haben“ wirkt – auch angesichts der nun drohenden Gagen-Verluste – nachgeschoben. Ebenso wie die Ansage, die Aufnahmen von „der einzige gute Tory ist ein toter Tory“, seinen „aus dem Zusammenhang gerissen“ worden. Sie entschuldigen sich für den Schmerz, den sie den Familien der (real) ermordeten Abgeordneten Jo Cox und Sir David Amess zugefügt haben.
Kneecap sind mit einer kompromisslosen Bollerköpfigkeit in ein pop-politisches Minenfeld hineingelaufen. Niemand verbietet ihnen ihre Haltung und Meinung, Doch sie haben verkannt, dass sie in einem kommerziellen Festival- und Konzert-System stattfinden, dass seit längerem auf „diversity“, „awareness“ und Ausgleich achtet. Wenn sie weiterhin antisemitisch oder cop-killer-mäßig unterwegs sein wollen, müssen sie halt mit Gegenfeuer rechnen.