1. Devendra Banhart – Smokey rolls down thunder canyon
Wenn die verdammte Matrix unserer Wirklichkeit durch Raum, Zeit und Kausalität bestimmt wird, dann werden wir uns wohl oder übel von ihr verabschieden müssen. Mit dem Verstand ist dieses Album nicht zu erfassen. Raum und Zeit sind dehnbare Begriffe in Thunder canyon -da ist eine Stille hinter dem Klang, ein Schweigen hinterdem Gesang, und die mächtigsten Worte beschreiben eine Illusion: „I’m high and l’m happy and I’m free“, singt Devendra Banhart am Anfang von „SeaHorse“, doch der gewaltige, dreiteilige Trip führt von wunschlosem Glück über unglückliches Wünschen in die panische Hysterie, in einem kraftvollen künstlerischen Schöpfungsakt hat der außergewöhnliche amerikanische Sänger und Songschreiber mit über 20 befreundeten Musikern-es war ein Kommen und Gehen von Streichern, Sängern, Bläsern,Organisten, Gitarristen, Percussionisten und Spiritualisten- in durchwachten Nächten in Topanga Canyon den Entwurf einer alternativen Realität vertont, in der entrückte Mariachi-Balladen, gespensti scher Doo-Wop, außerweltlicher Gospel, hypnotischer Soul, verträumter Venezuela-Folk und bekiffter, zurückgelehnter Westcoast-Rock ein raffiniertes psychedelisches Mosaik bilden. Thunder canyon ist ein massiv bewusstseinserweiterndes Halluzinogen, das in seiner ganzen 70-minütigen Pracht von atemberaubend inspirierender Schönheit ist. Und die Wirkung der Platte hält vor-wie ein Gefühl aus einem Traum, das uns ins Wachen folgt, verlässt uns das Wissen um die Wahrheit der neun Worte nicht, die am Ende dieser Reise stehen: „My dearest friend /you’ll soon begin /to love again.“