Wolfgang Flür (Ex-Kraftwerk)


Schreiner, Studium der Innenarchitektur, Musiker, Instrumenten- und Möbelbauer, und nun Autor: Was treibt dich?

Ich packe gerne etwas an und habe zwei rechte Hände. Ich kann alles im Haus reparieren. Ich koche auch sehr gut. Das ist für mich ein Vorgang wie Musik komponieren oder Geschichten schreiben. Zutaten zusammenstellen und denen eine Würze geben.

Deine Spezialität?

Rheinischer Sauerbraten. Zuckerrübenkraut und Honigkuchen reinbröseln, das verleiht Weihnachtsgeschmack und bindet gut.

Dein aktuelles Buch, „Neben mir“, enthält teils lustige, oft aber schaurige Geschichten über Rassismus und Spießertum im Rheinland …

Nicht nur im Rheinland, überall auf der Welt schreibt das Leben schaurige Geschichten. Die beruhen alle auf Beobachtungen von Zuhal, meiner Freundin und Co-Autorin, und mir. Sie ist Türkin und hat noch mal einen ganz anderen Blick auf uns Deutsche.

Machst du noch Musik?

Ich trete ab und zu mit einem DJ-Programm auf, als Musik-Soldat. Dabei spiele ich auch Songs von Karl Bartos, meinem alten Kraftwerk-Kollegen. Wir sind wie Brüder, vielleicht treten wir in Zukunft einmal zusammen auf. Und mit Bon Harris von Nitzer Ebb habe ich einen Text für einen Filmsong geschrieben, „Axis of Envy“. Aber ansonsten beschäftige ich mich nicht mehr viel mit Musik: meine liebste Musik ist heute die Ruhe.

Hast du Kontakt zu den anderen Kraftwerkern, Ralf Hütter und Florian Schneider?

Florian ist mal in Düsseldorf in einem Mini Cooper an mir vorbeigefahren und wir haben einander zugewinkt. Das fand ich nett. Er wirkt jetzt nach seinem Austritt bei Kraftwerk viel entspannter. Von Ralf höre ich nur über seine Anwälte.

Worum geht es dabei?

Ach, der ganze Ärger fing ja damals mit dem Buch an. Ich hätte angeblich nicht das elektrische Schlagzeug gebaut, ich hätte nicht auf AUTOBAHN getrommelt Aber wir konnten nachweisen, dass die Anschuldigungen so nicht stimmten. Das Buch kam dann mit 100 Seiten mehr raus. Zuletzt ging es dann um einen Auftritt von mir als DJ nach einem Kraftwerk-Konzert in Düsseldorf Anfang des Jahres: in den Ankündigungen dafür durfte nicht mit dem Namen Kraftwerk geworben werden.

Hast du dir den Kraftwerk-Auftritt angeschaut?

Ja, ich habe sogar darüber geschrieben. Auf mich wirkte diese Museumstour zwanghaft. Meine Kritik hat viele Fans aufgewühlt, aber die meisten haben mir zugestimmt.

Bald soll ein neues Album von Kraftwerk erscheinen: Was sind deine Erwartungen?

Ich hab gar keine Erwartungen. Ich glaube, da ist die Luft raus. Die Freude ist raus, der Florian ist raus. Da kann ich mir nix Tolles drunter vorstellen.

Und was können wir von dir noch erwarten?

Mehr Bücher, längere Geschichten. Rachegeschichten, die lesen die Leute immer gerne.

Verrate uns etwas, was noch keiner über Wolfgang Flür wusste …

Was ganz Perverses: Ich putze gerne Schuhe! Und zwar mit einer Akribie, dass die hinterher wie neu aussehen.

Letzte Frage: Was möchte der Schreiber Flür auf seinem Grabstein geschrieben wissen?

Den wird es nicht geben, ich will keinen Grabstein! Ich will überhaupt nichts Materielles hinterlassen, ich will mich verbrennen und die Asche irgendwo vergraben lassen. Sobald der Geist raus ist, ist der Körper nur Abfall. Ich finde es dümmlich, an einem Stein zu weinen, unter dem ein Zellhaufen vergammelt.