We Suck Young Blood


Asexuelle Vampire, hysterische Teenager, mittendrin Thom Yorke: Geht bei TWIL1GHT noch alles mit rechten Dingen zu?

Wie Rock’n’Roll ist Stephenie Meyer? Die erfolgreichste Fantasyschriftstellenn diesseits von J.K. Rowling würde zweifellos antworten: sehr. Tatsächlich wäre der Erfolg ihrer vierteiligen „Twilight“-Reihe nicht denkbar ohneihre Begeisterung für Rockmusik. Das geht so weit, dass sie in ihren Büchern Songlisten als Geschmacksverstärker empfiehlt. Zum letzten Band, „Breaking Dawn“, gab es eine eigene Konzerttour mit OK Go, Shiny Toy Guns und Blue October – einer der Lieblingsbands der 35-Jähngen, die auch My Chemical Romance, The Killers, Linkin Park und Muse schätzt. Die Vorliebe der Autorin für Bands aus dem Gothmetal-Umfeld ist sinnig: Auch ihre Geschichten leben von großen Gesten, Drama und einer romantischen Pose – wie die Musik, die sie als Inspiration empfindet. Dass sich auf dem Soundtrack von „New Moon – Bis(s) zur Mittagsstunde“, dem zweiten Film zum Bucherfolg, neben den unvermeidlichen Muse und den Killers nun aber so hochgradige Indie-Acts wie Death Cab For Cutie, Bon Iver, Grizzly Bear und Lykke Li finden und auch noch Thom Yorke per Songbeitrag seinen Segen gibt, zeugt eher von der Geschäftstüchtigkeit der jeweiligen Managements: Wenn es einen direkten Weg ins Herz der Kids gibt, dann mit einem Beitrag zum Soundtrack des Teenager-Events des Jahres. Der erste „Twilight“-Film erwies sich vor einem Jahr als unerwarteter Abräumer. Bei lediglich 30 Millionen Dollar Produktionskosten spielte die Geschichte vom ersten Zusammentreffen des einsamen Mädchens Bella und des stolzen Vampirs Edward weltweit allein im Kino 450 Millionen Dollar ein, machte aus „Twilight“ ein kulturelles Phänomen – und aus Teil zwei eine generalstabsmäßige Unternehmung, bei der nichts dem Zufall überlassen wurde. Die aufmüpfige Regisseurin Catherine Hardwicke, die den ersten Teil verantwortet hatte, wurde gefeuert und durch Paul Weitz ersetzt, der sein Gespür für Teenagerbedürfnisse mit „American Pie“ hinlänglich unter Beweis gestellt hat.

Stephenie Meyers Vampire wollen spielen, aber sie beißen nicht. Die Bücher der mormonischen Mutter von drei Kindern sind schwülstige Exerzitien in Enthaltsamkeit; Subversion oder antiautoritäre Tendenzen wie bei „Harry Potter“ sucht man vergebens. Das ist potenziell uncool – weshalb der Soundtrack des Films eine so wichtige Sache ist: Die Bands verleihen Credibility und erhalten für den mephistophelischen Handel die beste Publicity, die sich nicht für Geld kaufen lässt. Hinterher soll bloß keiner sagen, er habe nicht gewusst, worauf er sich einlässt. Wie sangen Radiohead vor Jahren: „We suck young blood.“