Warpaint
Männer, jetzt müsst ihr ausnahmsweise mal ganz stark sein: Vier umwerfend aussehende Frauen machen umwerfend guten, psychedelischen Slowpop. Und klug sind die Kalifornierinnen auch noch. Wenn da nicht diese Vorurteile wären …
Der Satz kommt unvermittelt. Gerade noch hatte Sängerin und Gitarristin Emily Kokal beschrieben, wieso die Songs von Warpaint sowohl träumerisch als auch aufrührerisch klingen, im Idealfall wie „ein fröhlicher Albtraum“, da wird sie von ihrer Bandkollegin Theresa Wayman unterbrochen: „Um noch mal auf diese Frauensache zurückzukommen …“
Diese Frauensache, das ist nicht der offensichtliche Umstand, dass hier vier Frauen aus Los Angeles eine Band bilden. Sondern dass in der Begeisterung über die Newcomer fast schon übertrieben auf deren technische Fähigkeiten hingewiesen wird. Meinen die Berichterstatter, zu 98 Prozent Männer über 30, damit: Erstaunlich – sehen geil aus und können sogar die Gitarre richtig herum halten?
„Vielleicht denken manche anfangs: Wow! Super für eine Frauenband!, aber das vergessen sie schnell und schätzen uns dann für unsere Musik und was sie bei ihnen auslöst“, sagt Kokal, die während des Interviews in einer Hamburger Hotellobby geistesabwesend in ihr Notizbuch schreibt. Ihre auf dem Fußboden hockende Bandkollegin Wayman pflichtet ihr bei: „Ich habe auch nicht das Gefühl, dass unser Label uns als Frauenband vermarktet.“ Alles bestens, oder? Bis Wayman, wie eingangs beschrieben, plötzlich sehr ernst wird: „Lass uns die Sache beim Namen nennen: Die meisten Chick-Bands oder Sängerinnen versuchen leider, möglichst schön zu klingen. Sie zeigen nur diese sanfte, weibliche Seite. Ich glaube nicht, dass das alles sein kann.“ Diese Aussage ist insofern interessant, als Warpaint selbst oft sehr schön singen. „Aber nicht immer“, sagt Wayman lachend.
Warpaint sehen sich eher in der Tradition von Musikerinnen wie Chrissie Hynde, Stevie Nicks, Siouxsie Sioux und Courtney Love. „Wir bevorzugen die Unterschiede“, bringt Wayman das Band-Credo auf den Punkt. Sei es in der Musik, die in ihrer Langsamkeit und dem weitgehenden Verzicht auf eingängige Melodien unüberhörbar „Ätsch!“ ruft. Oder sei es in den Texten, die zwar alle ein „Du“ als Adressaten haben, aber genau so gut Selbstgespräche sein könnten, wie Wayman sagt: „Oft haben wir keine Ahnung. Wir wissen nicht, was wir denken sollen, ob es nun um Partnerschaft, Freundschaften oder sonst was geht. Was ist das Leben? Ich habe keinen blassen Schimmer.“ THE FOOL sei da der passende Albumtitel gewesen.
Und um noch mal auf diese Frauensache zurückzukommen: „Wir hoffen, dass sich junge Mädchen an uns ein Vorbild nehmen“, sagt Kokal. „Außerdem haben die Strokes das gleiche Problem: Alle sagen immer nur, wie geil sie aussehen, dabei sind sie vor allem eine sehr gute Band.“
Platte des Monats S. 87
www.roughtraderecords.com/warpaint
2007 Warpaints Geburtsstunde, die Band spielt fast jede Woche in L.A..
2009 EP „Exquisite Corpse“ wird via MySpace vertrie-ben, Produzent: RHCP-Gitarrist John Frusciante, Emily Kokals Ex.
2009 Drummerin Stella Mozgawa kommt zur Band, drei Wochen vor den Aufnahmen zum Debüt THE FOOL.