Verbotene Frucht – „Der Mann im Hintergrund“
Statt Kino nur für Kids mehr "Adult-Entertainment". So jedenfalls heißt die Parole in Hollywood. Fantasy-Filmer Ridley Scott macht mit und präsentiert nun nach "Alien", "Blade Runner" und "Legend" einen Krimi.
Der Mörder ist bekannt. Gleich zu Anfang schlägt er zu und zeigt deutlich sein fieses Gesicht. Eine Frau beobachtet ihn und bringt sich dadurch zwangsläufig in Lebensgefahr. Sie bekommt Polizeischutz rund um die Uhr. Jetzt wird es langsam spannend.
Die Geschichte von „Der Mann im Hintergrund“ klingt trotzdem zunächst einmal nicht aufregender als die irgendeines „Derrick“. Der englische Ausnahme-Regisseur Ridley Scott bezieht daraus aber meisterhaft Spannung auf den verschiedensten Ebenen.
Spannung entsteht zwischen der schönen Zeugin (Mimi Rogers) und ihrem Bewacher (Tom Berenger). Daß sie plötzlich Tag und Nacht Polizisten in ihrer Drei-Millionen-Dollar-Wohnung in Manhattan dulden muß, das berührt ihr aufgeräumtes Luxus-Leben aufs Empfindlichste.
Spannung entsteht zwischen dem Polizisten und seiner Frau (Lorraine Bracco). Sie wünscht sich, daß er mehr Zeit bei ihr und dem Kind im kleinen Häuschen in Queens verbringt. In ihrer Frage, warum er sich die Bewachungs-Nachtschicht aufschwatzen ließ, schwingt deutlich Eifersucht mit, für die es keinen Grund gibt. Noch nicht.
Und mit Spannung befürchtet man natürlich hinter jeder Ecke das neuerliche Auftauchen des Mörders (Andreas Katsulas).
Das vielfache Versteckspiel geschieht vor der Kulisse eines Edel-New Yorks. Die Disco-Kunst-Party in der Eröffnungssequenz oder die Jagd durchs Guggenheim-Museum während einer Vernissage — beides herrliche Werbespots für das Juwelier- und Kürschnerhandwerk. Dennoch ist dies nur raffinierte Verpackung.
Der Originaltitel „Someone To Watch Over Me“ deutet an, worauf Hollywoods neu entdecktes „Adult Entertainment“ wirklich baut: Die Sehnsucht des in seinen geordneten Verhältnissen gelangweilten Menschen nach ganz anderen geordneten Verhältnissen. Ein möglicher neuer Partner als Zentrum der Illusion vom neuen Leben, das plötzlich zum Greifen nahe scheint.
Wer es bei der „Verhängnisvollen Affäre“ noch nicht begriffen hat, bekommt es jetzt noch mal gesagt: Auf Bösewichte kann man schießen. Wovor sich viel schöner zittern läßt, ist der Fluch des Griffs nach der verbotenen Frucht.