Die Deutschrocker von Fotos verwabern in ihrem aktuellen Album Shoegaze-Sounds. Und ja, sie können damit umgehen.
Ein Hauchen, ein klingender Akkord, dann ein zweiter, schließlich ein Dröhnen, Störgeräusche, endlich klopft der Beat los zum Gitarrengeschrammel hart an der Feedbackgrenze. So beginnt das dritte Album der Hamburger Band Fotos, und es klingt, wie soll man sagen, irgendwie international und von ganz tief unten. „Alles schreit“ heißt der Opener auf Porzellan, in dem Sänger und Texter Tom Hessler auch ein wenig schreit, und man ist kurz verwundert, dass er das nicht auf Englisch tut.
Nach ihrem Debüt vor vier Jahren, das Fotos mit dem Majorlabel EMI im Rücken als hoffnungsvollen Newcomer-Act präsentierte; nach ihrem zweiten Album nach dem goldrausch (2008), das die Band ihren Vorbildern von Phoenix nicht nur musikalisch nahe brachte, sondern sie auch in deren Tour-Vorprogramm landen ließ; nach ihrem Auftritt beim Bundesvison Song Contest (Platz 15) brauchte die Band zunächst mal eins – dringend eine Pause. Luft. Orientierung. Jetzt sind sie zurück, ordentlich ausgelüftet und bei einem kleineren Label gelandet, und sie haben diesen neuen Sound mitgebracht, der landläufig als Shoegaze beschrieben wird, bei ihnen aber weitere Kreise zieht. Natürlich ist es nicht ihr, kein originärer Sound, aber da sie ihm in Ruhe nachspüren konnten – „Das letzte Album war noch unter großem Zeitdruck unserer Plattenfirma entstanden“, erzählen sie -, können sie gut mit ihm umgehen.
Dabei hat auch Olaf Opal geholfen, in dessen Bochumer Studio porzellan aufgenommen wurde. Opal war Produzent von Slut- und The-Notwist-Alben, aber auch von Juli und Christina Stürmer. Er neigt manchmal zu einer detailfreudigen, soundverliebten Form der Überproduktion. Und das war für porzellan gerade richtig. Denn gerade dann, wenn es kratzt und wabert, die Aufnahmen unscharf und verwackelt bleiben, ist dieser Sound mehr als nur eine Option. Dann reißt er die Musik mit sich.
CD im ME S. 20, Albumkritik S. 110
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