Überlegene Spezies, y’all!


Jetzt ist es raus: Affen haben keinen Groove! Aber was bedeutet das für die Popkritik?

Haben Sie’s gelesen? Endlich mal wieder eine neue wissenschaftliche Erkenntnis, die klar für uns spricht. Also: für uns Menschen. Gut, das mag Ihnen jetzt als Identifikationsgruppe etwas weit gefasst erscheinen, aber jetzt vergessen Sie halt mal fünf Minuten lang ihren Individualitätsdünkel und freuen Sie sich mit. Die Wissenschaft hat nämlich festgestellt, dass wir Menschen den Affen, die sich ja gern als die allergrößten Wichtigtuer aufspielen („Wir haben fei auch einen opponierbaren Daumen“, „Wir lösen unsere Konflikte durch Sex“ … Ja, toll – pfff!) in einem Punkt klar voraus, ja, sagen wir’s doch, wie’s ist: überlegen sind. Haben Sie sich nicht auch mal gewundert, warum es zwar Affen gibt, die TV-Sendungen moderieren, in Vorabendserien mitspielen oder als Assistenten von Safariärzten arbeiten, die Gesellschaftsromane schreiben und in den Vorständen großer DAX-Konzerne sitzen – aber so eine richtig geile Affenband? Eben: Fehlanzeige! Den Grund wissen wir jetzt. Die Wissenschaft hat festgestellt, dass Affen keine Musiker werden können, weil sie kein Rhythmusgefühl haben! Jetzt sagen Sie: Das hat unser Drummer auch nicht. Aber warten Sie doch mal ab.

Ein mexikanisch-niederländisches Forscherteam hat die Hirnströme von Rhesusaffen gemessen, während man ihnen Musikstücke (bitte keine Witze über mexikanisch-niederländische Musik, da gibt’s tolle Sachen … vermute ich) vorspielte, und stellte fest: Den Affen war es egal, ob sie aus dem Takt gerieten, weil sie offenbar den Grundrhythmus des Stücks nicht erfassen können. Und das können sogar ganz kleine Menschenkinder schon! Sprich: Rhythmusgefühl ist voll der babyleichte Scheiß, aber die Affen raffen’s nicht ab. Ha! Von daher kann man – falls Sie zuletzt Zweifel hatten – endlich mal wieder mit Fug und Recht abfeiern: Suuuper Menschen, überlegene Spezies, olé-olééé … Sorry, Affen, wir haben 98,7 Prozent Erbmasse gemein. Aber knapp daneben ist halt auch vorbei.

Jetzt liegt freilich der Schluss nahe, dass Affen aufgrund dieses Defizites auch nicht als Musikkritiker arbeiten können, und ich darf versichern, dass wir beim ME – auch wegen anderer Gründe; Affen haben z.B. keinen Begriff von production values – das weiterhin so handhaben. Auch wenn Sie also die Besprechung des achten Studioalbums Ihrer Lieblingsband totalen Humbug fanden und fast sicher waren: Der Text wurde nicht von einem Affen verfasst; im Zweifel ist die Platte tatsächlich ein paar Ticken weniger inspiriert als das Debüt.

Wobei, wenn das so weitergeht mit der Facebookkultur, könnte die Popkritik bald auf ein Niveau kommen, wo auch noch die groovefreisten Makaken mitreden können. So beschwerte sich letztens der User Tobias in den Kommentaren bei einem großen Onlinehändler: „Warum muss man bitte bei Amazon ein Album mit mindestens 20 Wörtern beschreiben? Entweder es gefällt einem oder nicht!“ Stimmt ja eigentlich.