Was machen eigentlich Smith & Mighty? Wenn Sie darauf jetzt spontan eine Antwort parat haben, müsste ich Ihnen gerechterweise mein T-Shirt schenken. Ich selbst wüsste nämlich nicht einmal viel zur Frage „Was machten eigentlich Smith & Mighty?“ Gut, irgendwie so Drum and Bass, in den Neunzigern, aber genauer? Trotzdem lief ich gestern mit einem Smith-&-Mighty-T-Shirt herum und damit freilich Gefahr, für einen nostalgischen Drumand-Bass-Veteranen gehalten zu werden. Was doch eher abwegig wäre. Es ist einfach so, dass früher, als noch ein bisschen Geld „da“ war, Labels quasi routinemäßig Promo-T-Shirts an die Redaktionen schickten, und da fiel dann auch mal eins für Mitarbeiter ab, die, sagen wir, nicht unbedingt zu den Hardcore-Fans einer Band gehörten.
Wo man mit Band-Shirts natürlich in einen problematischen Bereich hineinkommt, wurden diese doch erfunden, um die Verbundenheit und Identifi kation ihres Trägers mit einer Band, einer Musik, vielleicht gar einem Lebensgefühl dem Umfeld unter die Nase zu reiben. Da muss man sich dann unter Pop-ethischen Gesichtspunkten schon fragen, inwieweit es schicklich ist, das T-Shirt einer Band zu tragen, deren Musik man nicht mal kennt.
Klar, diese Frage müssten vor mir erst mal die ganzen Hipster in ihren Kiss-T-Shirts beantworten, die selbstverständlich noch keinen Ton von Kiss – außer dieser Disconummer, im Schlagerprogramm auf Bayern 1 – gehört haben KÖNNEN, weil sie a) sich sonst doch wohl lieber ein T-Shirt von einer guten Band kaufen würden oder b) das dann auch schon mit zehn Jahren getan haben müssten, weil man bei Kiss ja nicht einfach so einsteigen kann; das ist wie mit „Die Drei ???“-Hörspielen: Da kann man auch nicht mal mit Mitte 20 anfangen, da muss eine gewisse Frühprägung im infantilen Cortex des Präpubertätslappens im Großhirn angelegt sein.
Mein Smith-&-Mighty-T-Shirt ist einfach ein Kleidungsstück von top Stoffqualität und hohem Tragekomfort. Darf man ein Band-Shirt aus so pragmatischen Gründen anziehen? Das müsste man auch Outcast fragen – kennt noch wer Outcast? Ich weiß nur noch, dass damals ca. 1996 zwei Bands mit fast gleichen Namen fast zeitgleich mit Platten kamen – die einen waren OutKast, und sie waren supercool. Die anderen waren Outcast, und ich bekam ihr T-Shirt. Outcast sind so vergessen, die haben nicht mal einen Wikipedia-Eintrag – aber eines der hochwertigsten T-Shirts herstellen lassen, die je einem Ignoranten wie mir nachgeschmissen wurden. Ich trage ihr Shirt seit wohl 15 Jahren, doch nie „öffentlich“, sondern nur daheim, auf Baustellen, in Kuhställen, als Schlafanzug etc. Was für Musik sie gemacht haben, weiß ich erst seit 20 Minuten (sieh da: es war auch Drum-and-Bass-Gedöns!). Aber es ist Zeit, dass ich endlich zu meinem Outcast-T-Shirt stehe, und ich erkläre hiermit, es demnächst bei einem coolen Event anzuziehen. Wenn mich jetzt noch jemand zu so was einladen würde …?
