The Teenagers: Reality Check


MUSIKEXPRESS-Leser Andreas Peters bespricht REALITY CHECK, das Debütalbum der Pariser The Teenagers, eine Platte über Sex, Medien und Liebe - die Dinge, für die sich der gemeine Jugendliche eben so interessiert.

Es gibt zwei Möglichkeiten, diese Platte zu konsumieren und zu rezensieren. Entweder man versteht sie als eine Konzeptplatte oder nicht. Im Zuge meiner Gutmütigkeit versuche ich es mit ersterem Ansatz und komme dann hier an: Drei Pariser, in der Mitte ihrer Zwanziger, gründen eine Band namens The Teenagers und taufen ihr Debütalbum REALITY CHECK. Versteht man den Realitätscheck als Leitmotiv, das sich durch die Texte zieht, und anders geht es bei wiederholtem Genuß dieser Platte schon fast gar nicht mehr, trifft hier die Arroganz und Süffisanz eines Jarvis Cocker auf eine Gesellschafts- und Jugendkritik, die wahrscheinlich gar nicht so ernst gemeint ist. Es dreht sich alles um Sex, Medien, „Liebe“. Dinge eben, für die sich der gemeine Jugendliche so interessiert. Im wunderbaren „Homecoming“, dem Eröffnungstrack, wird ein Urlaubsflirt zwischen einem Engländer und einer Amerikanerin, beide – wie sollte es anders sein – Teenager, jeweils aus der Sicht des einzelnen Protagonisten erzählt („I fucked my American cunt“ <-> „I loved my English Romance“). Nicht, ohne der „American cunt“, mit dem, was sie und vor allem wie sie es erzählt, die klischeehafte Dummheit eines American Tennagers, wie man sie aus diversen „Reality-Shows“ aus dem ehemaligen Musikfernsehen kennt, in den Mund zu legen („It was totally awesome / Oh my god, I think I`m in love“), geht die Platte inhaltlich den eingeschlagenen Weg rigoros weiter. Eine Hasstirade gegen Nicole Richie im hervorragenden „Fuck Nicole“ folgt auf eine ironiegeladene Ode an Scarlett „Startlett“ Johansson. Musikalisch bewegen sich die Pariser auf französischem Terrain. Zwar möchte man die Ähnlichkeit des besten Songs des Albums „Make It Better“ zu Postal Service, dem Seitenprojekt von Death Cabs Ben Gibbard, und die nicht ganz unfreiwillige Gesangs- Kopie Erlend Oyes gegen Ende von „Starlett Johannson“ nicht leugnen, doch das sind nur Randnotizen. In der Hauptsache werden hier atmosphäreschaffender Synthesizereinsatz und Chorarrangements der Franzosen Air genauso zitiert wie der 80er-Schrammelpop von Pulp, der Exband des Wahlparisers Jarvis Cocker. Nicht nur hier schließt sich der Kreis der textlichen und musikalischen Zusammenführung zu einem Gesamtkonzept. Hier wird großartiger Indiepop geboten, der allerdings durch das Kaputtreiten einer guten Grundidee etwas abgeschwächt wird. Macht Einsatz von Sprechgesang in „Homecoming“ noch wirklich Sinn, so wird dann im Verlaufe des Albums ein guter Ansatz kaputtgedacht. Nach mehrmaligen Hördurchgängen und am Ende der Besprechung angekommen, kann ich nicht abstreiten, dass mein Eingangssatz Quatsch war. Es gibt nur eine Möglichkeit, diese Band, diese Platte zu verstehen: mit einem Augenzwinkern. Ein durchaus gelungenes Debütalbum von einer Band, in der wohl doch großes Potenzial steckt, das in Album Nummer 2 und 3 dann wohl ausgeschöpft werden darf. Man kann es sich nur wünschen, nicht nur im Sinne der menschlichen Gutmütigkeit.

Andreas Peters – 05.05.2008