Es ist natürlich nur eine Randerscheinung, dass man in diesen Tagen bei Konzerten in London Leute antrifft, die mit nem Tangerine Dream T-Shirt durch die Gegend laufen, zugleich ist es aber auch ein unübersehbarer Hinweis auf die momentane Popularität der 'schmelzenden Musik' von Edgar Froese, Peter Baumann und Christoph Franke. Mal ehrlich, wer hätte es vorher für möglich gehalten dass ausgerechnet Tangerine Dream als erste deutsche Gruppe in England 'durchbrechen' würde? Nun, Inzwischen hat sich das Phaedra-Album nach wochenlanger Top-Twenty-Notierung in den britischen Charts zu einem gewaltigen Bestseller entwickelt. Damit hat sich Virgin, Englands 'progressivste' Plattenfirma, in kürzester Zeit neben dem Millionen-Erfolg von Mike Oldfields Tubular Beils' ein zweites Super-Ding geleistet.
TIERISCHER BEIFALL
MUSIK EXPRESS war neulich mit von der Partie, als Tangerine Dream im Londoner Victoria Palace Theatre ihr erstes Konzert auf englischem Boden gaben. Vor so gut wie ausverkauftem Hause (und in Anwesenheit des Ex-Roxy Elektronikers Brian Eno) schufen die drei Berliner Synthesizer-Träumer mit ihren Apparaten eine Sound-Collage, die den Besuchern in die Ohren floss, während auf einer Leinwand über der Bühne Computer-Trickfilme gezeigt wurden. Als nach zwei knapp einstündigen Stücken der tierische Applaus ausbrach, ging natürlich kein Weg um eine erste Zugabe herum. Auf eine zweite musste das Publikum vergeblich warten, denn trotz nicht endenwollender Beifallskundgebungen hatten die drei Berliner das Theater längst verlassen, um sich auf einer anschliessenden Presse-Party blicken zu lassen.
SOLO-ALBUM AUS DEM KUNSTKOPF
Dort erfuhren wir von Edgar erste Einzelheiten über sein Solo-Album ‚Aqua‘, das in England inzwischen erschienen ist und in Deutschland von Metronome vertrieben wird. Edgar: ,,’Aqua‘ Ist die erste Scheibe in der Geschichte der Schallplatte überhaupt, die im Kunstkopf-Verfahren aufgenommen wurde. Während man eine Stereo-Aufnahme mit einem Kopfhörer im wahrsten Sinne des Wortes ‚im Kopf hört, ermöglicht die Kunstkopf-Technik eine naturgetreue Wiedergabe, weil die Mikrofone Im Kunstkopf dieselben Aufnahme-Eigenschaften haben wie die Ohren eines Menschen.“ Das Konzert im Victoria Palace Theatre wurde übrigens für alle Fälle ‚live aufgenommen, damit man das Material eventuell für eine der folgenden Tangerine Dream-LPs benutzen kann. Edgar: „Eins der Grundprinzipien unserer Musik ist Ja, dass wir nie ein bestimmtes Stück zweimal spielen. Bei Jedem Konzert werden spontane Gefühle direkt in Musik umgesetzt – und so ein Vorgang lässt sich in ein und derselben Weise eben nie wiederholen.“
NOCH 1974 IN DIE USA?
Das Nachfolge-Album zu „Phaedra‘ heisst ‚Oedipus Tyrannus‘ und ist eigentlich die Musik eines gleichnamigen Theaterstückes, das neulich auf dem englischen Chichester-Festival zusammen mit Tangerine Dream aufgeführt wurde. Letzten Meldungen zufolge soll es ein Doppel-Album werden, dass In einigen Wochen auch bei Virgin’s deutschem Vertragspartner Ariola erscheinen wird. Wenn es soweit ist, sind Edgar, Peter und Christoph längst mit neuen Unternehmungen beschäftigt. Geplant sind für dieses Jahr noch Solo-LPs von Christoph und Peter sowie eine Tangerine Dream US-Tournee, nachdem ‚Phaedra‘ sich dort ohne nennenswerte Reklame-Aktionen bereits unter den 150 bestverkauftesten LPs wiederfand. Einfach traumhaft!
