Rory Gallagher Story


„Ich glaube, die wirklich gute Musik wird sich wieder durchsetzen. Glitter is going – music is coming back, the blues is Coming back! Die jungen Leute von 15 und 16 wären noch vor zwei Jahren nicht zu meinen Konzerten gekommen. Damals standen sie noch auf den Monkees oder ähnlichen Sachen. Von Gruppen wie Slade oder T. Rex halte ich nicht viel. Sie produzieren eine Hit-Single nach der anderen nach immer dem gleichen Muster. Vielleicht kommt die Zeit noch, wo sie sich musikalisch weiterentwickeln. Man sollte ihnen eine Chance geben.“ Diese angesichts des sensationellen Clapton-Comebacks beinahe prophetischen Worte gebrauchte Rory Gallagher in einem MUSIK EXPRESS-Interview, das Ende 1972 in Köln zustande kam. Dass Rory unbedingt mit zum kleinen Kreis der ganz grossen Blues-Musiker gezählt werden muss, beweist nicht zuletzt die Tatsache, dass er neben Mitch Mitchell, Stevie Wonder und Rick Grech zur legendären „London-Session“ des Blues-Kings Muddy Waters eingeladen wurde. Gerade jetzt tourte er zum x-ten Male durch Deutschland, wo er besonders viele Fans hat. Grund genug, um ihm in diesem Monat unsere Special-Story zu widmen.

1. Teil: Taste

Am 2. März 1948 wird Rory Gallagher in dem irischen Dörfchen Bailyshannon als Sohn eines Arbeiters geboren. Als er sechs Jahre alt ist, zieht die Familie Gallagher um nach Cork, einer Stadt im Südosten Irlands. Zu seinem sechsten Geburtstag hat Rory von seinem Vater bereits eine Ukulele geschenkt bekommen, auf der er sich die ersten musikalischen Grundbegriffe beibringt. Manchmal, wenn Vater Gallagher seinem Sohn beim Üben zuhört, fällt ihm bereits auf, dass sein Sprössling tatsächlich Talent besitzt. Mit neun Jahren bekommt Rory seine erste akustische Gitarre und mit zwölf eine elektrische Fender Stratocruiser, für die der Vater jahrelang die Raten abbezahlen muss. Das Geld ist, wie sich später herausstellen soll, natürlich nicht zum Fenster rausgeschmissen, denn Rory spielt zehn Jahre lang auf dieser seiner ersten E-Gitarre. Es musste übrigens unbedingt eine so kostspielige Gitarre sein, weil Buddy Holly genau so eine besass, und Buddy Holly ist zu der Zeit nun mal der ganz grosse Superstar.

Rory spielt zunächst einfache Country & Western Melodien von Gene Autry und Roy Rogers nach. Während er die Mittelschule besucht, gründet er verschiedene Bands, mit denen er auf Schulfesten und Parties in der Nachbarschaft auftritt. Inzwischen beginnt er auch damit, die ersten eigenen Kompositionen zu schreiben. Den grössten Erfolg hat der junge Rory immer in der Kneipe, die seiner Oma gehört. Dort darf er an vier Abenden in der Woche ein paar seiner Lieder zum Besten geben. Die Stammgäste sind restlos begeistert. Sie ermutigen Rory in seinem Vorhaben, später einmal Berufsmusiker zu werden. Mit 15 hat der Nachwuchs-Gitarrist von der Schule die Nase voll. Er verzichtet auf einen gesicherten Lebensweg und wird … Berufsmusiker. Er kauft sich eine weitere Gitarre und begibt sich auf anstrengenden und langen Weg zum Erfolg.

MIT ‚NER SHOWBAND NACH DEUTSCHLAND

In dieser Zeit wird Rory vor allem durch Folkmusik fasziniert. Der Skiffle-Star Lonnie Donegan ist sein ganz grosses Idol, aber auch Eddie Cochran, Buddy Holly und Chuck Berry üben auf ihn eine grosse Anziehungskraft aus. „Die haben zwar kein Folk-Repertoire drauf, aber ihre Musik hat was, das mich unheimlich in ihren Bann zieht“, meint Gallagher später. Weil kleine und unbekannte Gruppen in jenen Tagen in Irland kaum ’ne Erfolgschance haben, schliesst Rory sich bei der Fontana-Show-Band an, die später ihren Namen in The Impact umändert. Zweieinhalb Jahre hält es den jungen Gallagher bei dieser Band, mit der er auch in Spanien und in den britischen Kasernen in Deutschland auftritt. „Ich schloss mich dieser Show-Band an“, erinnert sich Rory, „weil es immer noch besser ist jeden Abend anstatt überhaupt nicht aufzutreten.“ Musikalisch hat er in dieser Gruppe nicht viel dazulernen können, weil jeden Abend stinknormale Tanzmusik gespielt werden musste. Das Repertoire reichte vom Tango bis zum Rock’n’Roll. In der Show-Band wurden jede Menge Chuck Berry-Titel gespielt – das ist immerhin ein kleiner Lichtblick für Rory. „Was ich in jener Zeit gelernt hab, war, wie man sich auf der Bühne bewegt“.

Der „kranke Organist

Als sich 1965 auch in Irland die Beat-Musik durchsetzt, löst sich die Show-Band auf. Rory bekommt jetzt endlich die Gelegenheit, sich nur noch auf Rockmusik konzentrieren zu dürfen. Mit dem Drummer und dem Bassisten der Show-Band verzieht er sich im Sommer nach Hamburg. „Wir bekamen dort von dem Konzertveranstalter, der zuvor auch die Show-Band betreute, ein paar Auftritts-Angebote. Ein kleiner Schönheitsfehler bestand jedoch in der Tatsache, dass jener Veranstalter nur mit uns einverstanden war, wenn wir als eine Vier-Mann-Formation aufkreuzten. Wir unterschrieben also einen Vertrag, in dem wir angaben, dass auch ein Organist mit uns zusammenspielen würde. Der Vertrag kam denn auch zustande, einen Organisten gab es natürlich nur auf dem Papier. Vor jedem Auftritt in Deutschland mussten wir uns also eine Ausrede einfallen lassen. Mal sagten wir, dass es uns ja schrecklich leid täte, aber unser Organist hätte gerade eine Grippe bekommen, während er am Tag darauf zufällig eine Blinddarmentzündung bekam. Der Konzert-Typ war natürlich auch nicht auf den Kopf gefallen, und so dauerte es nicht lange bis unser Trick durchschaut war. Wir durften also zurück nach Irland“.

Das Sprungbrett zum Erfolg

In Cork löst Rory sein Trio auf und nimmt recht schnell Verbindung auf mit Norman Damery und Eric Kitteringham, die zu einer Band mit dem Namen The Axels gehören. In dieser Gruppe befindet sich so ungefähr die „creme de la creme“ der irischen Beat-Szene. Rory sieht endlich die Chance, für’s erste Mal in seinem Leben mit professionellen Rockmusikern zusammenarbeiten zu können. Mit Norman (Drums) und Eric (Bass) gründet er die Gruppe Taste. Inzwischen ist Rory längst ein fanatischer Blues-Freak geworden, der jede freie Minute darauf verwendet, sich einen eigenen Stil auszutüfteln. In einem Musikgeschäft kauft er sich eine gebrauchte Mandoline, auf der er zunächst nur so zum Spass herumklimpert. Erst viel später setzt er das Instrument auch bei seinen Konzerten ein. Die Taste-Jungs ziehen zunächst nach Belfast, bevor sie sich schliesslich in London niederlassen. Glücklicherweise dauert es jetzt auch nicht mehr allzu lange bis zu den ersten aufsehenerregenden Konzerten im berühmten Londoner Marquee-Club. Ein Auftritt in diesem Insider-Treff gilt noch immer als das Sprungbrett zum internationalen Erfolg. Wochenlang gehört hier jeder Dienstagabend den Taste. „Bereits nach ein paar Gigs hatten wir unser Stammpublikum, dass uns mächtig unterstützte“, erinnert sich Rory heute. Meistens spielt Taste in dieser Anfangszeit eine Art Blues-Rock à la Chuck Berry. Eigenkompositionen gibt es bisher nur ganz wenige. Nichtsdestotrotz kommt die Musik so tierisch gut an, dass der Name „Taste“ in Windeseile in der ganzen Welt zu einem Begriff wird. Der erste offizielle Auftritt ausserhalb Europas findet auf dem Newport Jazz Festival statt. Er wird ein voller Erfolg. Die Zeitungskritiker drücken am folgenden Tage unverholen ihre Bewunderung aus: „Taste-Musik passt in keine der bereits bestehenden Kategorien. Es ist eine raffinierte Mischung aus Blues, R & B und einer Anzahl eigener Kompositionen“.

… und so ging Taste in die Brüche

Anfang 1968 löst Taste sich zum ersten Mal auf. In der offiziellen Begründung heisst es: „Unvereinbare musikalische Auffassungen“. In einem späteren Interview enthüllt Rory die wahren Gründe: „Wir sind plötzlich richtig berühmt geworden und trotzdem waren wir finanziell noch immer in einer miserablen Situation. In den zwei Jahren, die seit der Taste-Gründung vergangen waren, haben wir immer nur so wenig von dem verdienten Geld abbekommen, dass wir, wenn wir on the road waren, nachts meistens noch im Auto schlafen mussten. Das ging vor allem Norman auf die Dauer dermassen auf den Wecker, dass er sich eines guten Tages ganz einfach verdrückte. Eric liess durchblicken, dass er auch keinen Bock mehr hatte und gründete seine eigene Band“.

Rory ist arbeitslos

‚Ne ganze Zeit macht Rory auf arbeitslos, bevor er im Frühjahr 1969 die zweite Taste-Formation auf die Beine stellt. Zu ihr gehören ausser Gallagher die beiden Musiker Richard McCracken und John Wilson. Mit ihrem wahnsinnigen Live-Act wird die Band zur Sensation des Isle of Wight Festivals, das im August 1970 stattfindet. Kurz darauf erscheint das Taste-Album On The Boards in den internationalen Hitlisten. Die vorausgegangene LP hatte auf so einen Erfolg verzichten müssen, weil Rory sich mit nichts anfreunden konnte, was irgendwie „kommerziell“ roch. „Wir machen doch einfach nur Musik und haben keinen Bock als halbe Geschäftsleute durch die Welt zu ziehen. Wie zu erwarten steigt nach dem Wight-Festival jedoch auch der Umsatz des ersten Taste-Albums gewaltig an. Noch vor Ende des Jahres löst Rory seine zweite Taste-Formation auf. Rory: „Plötzlich mussten wir nach dem Festival-Erfolg pausenlos auftreten. Wir spielten noch auf unzähligen Festivals und kamen meistens verdammt gut beim Publikum an. Komischerweise bekamen wir jedoch von der Presse beinahe ausschliesslich schlechte Kritiken. Das ist eben nicht spurenlos an uns vorübergegangen. Einen Monat nach dem offiziellen Taste-Split, erscheint das Album „Live Taste“, das während eines Gigs in Montreux (Schweiz) aufgenommen worden ist.

2. Teil: Rory Gallagher – solo

Erste Solo-LP

Nach dem Auseinanderfallen von Taste gründen John Wilson und Richard McCracken eine neue Band: Stud. Gallagher selbst zieht sich für eine Weile nach Cork zurück, wo er eine Menge neuer Songs schreibt und über seine Zukunft nachdenkt. Beinahe ein halbes Jahr lang – von Oktober 1970 bis März 1971 pendelt er unzählige Male zwischen England und Irland hin und her. Schliesslich beginnt er mit den Proben für sein erstes Solo-Album, das dann in den Advision Studios aufgenommen wird und ein paar Wochen später unter dem Titel „Rory Gallagher“ auf den Markt kommt. Seine musikalischen Mitstreiter auf dieser LP heissen Gerry McAvoy (Bass) und Wilgar Cambell (Drums). Die Beiden spielten vorher in der ziemlich progressiven irischen Band Deep Joy. Obwohl Deep Joy im irischen Heimatland ganz schön erfolgreich sind, haben die beiden neuen Gallagher-Leute nicht lange nachdenken müssen, bevor für sie feststand, dass sie wohl doch lieber mit Rory arbeiten möchten. Auf der Gallagher-Solo-LP spielt ausserdem noch der Studio-Pianist Vincent Crane (Ex-Atomic Rooster) mit. Vergeblich versucht Rory, auch ihn für seine neue Band zu gewinnen.

Rory: Ich bin kein Star!

Zunächst begibt sich das neue Gallagher-Trio auf eine lange Tournee durch England, Irland, Dänemark, Deutschland und Frankreich, bevor im Oktober schliesslich der grosse Sprung über den Ozean nach Amerika gewagt wird. Erst einmal zuvor ist Rory in den Vereinigten Staaten aufgetreten. Damals bestritt er mit den Taste das Vorprogramm während der Blind Faith-Tournee. Rory will mit seiner ersten US-Solo-Tour den Erfolg nicht herbeizwingen: „Bevor es in die Staaten ging, wusste ich, dass es nicht nur an mir liegen würde, falls die Tournee eine Pleite geworden wäre, denn das Interesse der Amerikaner an europäischen Gruppen hat ganz einfach nachgelassen. Der Markt ist dort mit dem letzten Mist überfüttert worden. Ich hatte es eigentlich überhaupt nicht darauf angelegt Amerika auf einen Schlag zu erobern, aber ich geh‘ natürlich auch nicht so weit, dass ich mich jetzt über meinen Erfolg beschwere“. Ob Rory es wahrhaben will oder nicht, für die Amerikaner ist er von jetzt ab ein Superstar: „Ich bin kein Star. Wenn ich ein Star werden wollte, dürfte ich keine Gitarre spielen. Dann wäre es wohl geeigneter, wenn ich auf der Bühne nur mit einem Mikrophon rumturnen würde. Ich mach eben einfach nur Musik, und ich bemühe mich darum, dass meine Musik auch wirklich aus der Seele kommt. Jeder Auftritt muss mich vollkommen schaffen. Es ist die grösste Strafe für mich, wenn ich mal einen Tag keine Musik machen kann. Spätestens / am zweiten Tag werde ich dann immer total hektisch und hör‘ mir jede Menge Platten an. In den meisten Fällen ergibt es sich anschliessend so, dass ich am dritten Tag endlich wieder im Studio sitze. Musik ist nun mal mein Leben. Warum ich ausgerechnet bluessüchtig geworden bin? Keine Ahnung. Warum arbeiten andere Leute in der Fabrik? Das wissen sie doch auch meistens nicht“. Als Rory Gallagher nach Europa zurückgekehrt ist, begibt er sich sogleich ins Londoner Dalston Studio, um dort das Album aufzunehmen, das kurze Zeit später unter dem Titel Deuce erscheint. Gallagher arrangiert die LP vollkommen allein und versucht sich gleichzeitig auch als Produzent. Die Arbeit im Studio ist in zehn Tagen erledigt.

Das legendäre Konzert in Belfast

Belfast, 1. Januar 1972. In der von Bürgerkrieg und Bombenanschlägen erschütterten Stadt soll ein ganz aussergewöhnliches Ereignis stattfinden: Ein Rock-Konzert. Und wer hat die Idee dazu gehabt? Nun, kein anderer als Rory Gallagher natürlich.

Was bewog Rory trotz all der Risiken ein Konzert im Bürgerkriegs-Belfast zu geben? „Ich hab’s gemacht, um die Menschen dort wenigstens für ein paar Stunden etwas näher zusammenzubringen. Wir haben sogar speziell von der IRA (Irische Republikanische Armee) das Versprechen bekommen, dass sie nichts gegen unsere Veranstaltung unternehmen würde. Trotzdem bleibe ich in Sachen Nordirland ganz realistisch. Selbst hundert Rock-Konzerte könnten dort die Spannungen nicht wesentlich abbauen. Dazu ist die Situation viel zu kompliziert. Es ist ja nicht einfach nur ein Streit zwischen zwei Parteien, da steckt ja noch viel mehr dahinter. Ich weiss noch wie es früher mal war: Man konnte gemütlich in der Stadt Spazierengehen ohne von Soldaten durchsucht zu werden. Und damals gab’s weder Bombenanschläge noch Schiessereien. Die Teenager, die hier leben müssen, verpassen bestimmt ’ne ganze Menge. Deshalb hab‘ ich mich bemüht, sie wenigstens mal für einen Abend von ihrem triesten Leben abzulenken“

Bombenstimmung

Zwei Stunden vor dem geplanten Beginn des Konzerts explodiert in der Nähe der Ulster Hall, in der Rory auftreten will, eine der grössten Bomben in der Geschichte des nordirischen Bürgerkriegs. Trotzdem beginnt der aufregenste Auftritt in Gallaghers Karriere pünktlich. Das Vorprogramm bestreitet die Belfaster Formation Fruupp, die nach einem längeren Aufenthalt in London gerade wieder in ihre Heimatstadt zurückgekehrt ist. Als Rory die Bühne betritt, steigen die 2000 Fans jubelnd auf die Stühle. Das Konzert scheint kein Ende mehr zu nehmen und dauert insgesamt vier Stunden. Als es dann doch vorbei zu sein scheint, stürmen die Besucher von ihren Sitzen und drängen sich dicht vor die Bühne. Es gibt natürlich eine Zugabe und dann noch eine und noch eine und… noch eine! Keiner will es glauben, als der Auftritt schliesslich doch zuende geht. Jeder möchte diese seltenen Augenblicke des Glücks so lange wie möglich festhalten. Während in der Halle die Lichter angehen und das Publikum auf die Ausgänge zuströmt, stehen Rory die Tranen in den Augen – und nicht nur ihm.

12 Wochen Amerika

Im Februar erscheint das Album Live in Europe. Das ist der Zeitpunkt, an dem Gallagher zum zweiten Mal eine Solo-Tournee durch die Vereinigten Staaten unternimmt. Ursprünglich ist diese Tour auf fünf Wochen befristet gewesen, doch bevor Rory schliesslich nach London zurückkommt, sind insgesamt drei Monate vergangen. „Diese reichlich verlängerte Tournee starteten wir in einem Programm zusammen mit Savoy Brown. Nach zwei Wochen hatte bei denen jedoch der Sänger keinen Bock mehr, woraufhin die gesamte Band die Koffer packte und nach England zurückreiste. Wir mussten uns jetzt entscheiden, ob wir auch zurückfliegen oder die Tour allein weitermachen wollten. Schliesslich entschieden wir uns dann für das Letztere. Unterwegs bekamen wir soviele zusätzliche Auftrittsangebote hinzu, die wir gleich angenommen und auch erledigt haben“. Im Sommer 1972 wird Wilgar Cambell ausgetauscht gegen Rod de Ath. Ausserdem holt Gallagher sich den Pianisten Lou Martin in seine Band. Beide Musiker entstammen der irischen Gruppe Killing Floor.

Populärster Gitarrist in Germany

Die neue Formation macht Gallaghers Musik ein wenig abgerundeter. Alle Songs klingen jetzt noch ausgereifter. Im Februar 1973 erscheint das Album Blueprint, das von beinahe allen Pressekritikern mit Begeisterung empfangen wird. Im Sommer geht’s schon wieder für fünf Wochen ab nach Amerika, nachdem Rory und seine Mannschaft auf einem vom Fernsehen übertragenen Festival in Den Haag (Holland) zuvor dermassen absahnt, dass er sogar die Who sowie Rod Stewart und die Faces in den Schatten stellt. Der von den MUSIK EXPRESS-Lesern in den Jahren 1971/72/73 zum populärsten Gitarristen gewählte Rory lässt sich im Spätsommer erneut während einer Tournee in Deutschland blicken: „Das Publikum ist bei jedem Gig vollkommen ausgeflippt. Ich merke jedesmal wieder, wie genau die Leute mit meiner Musik mitgehen. Zum Dank dafür mische ich mich nach vielen Auftritten ganz einfach unters Publikum, um den vielen Fans mal kurz eben die Hände zu schütteln. Neulich nach einem Konzert in Edmonton wollte mich ein Fan überhaupt nicht mehr loslassen. Schliesslich schnappte ich mir dann meine Gitarre, hielt sie ihm vor den Bauch und liess ihn ein paar Akkorde spielen. Das war das Schärfste überhaupt“.

Viel Spass, Rory!

1974 ist eigentlich ein ziemlich ruhiges Jahr für Rory. Die LP Tattoo erweist sich beinahe selbstverständlich als ein weiterer Bestseller für Gallagher, doch ansonsten passiert wenig. Das ist auch nicht weiter ungewöhnlich, denn wenn Rory mal nichts tut, dann hört man auch nichts von ihm, ganz einfach weil er alles andere als ein Schlagzeilen-Jäger ist. Für den Herbst ist eigentlich eine Deutschland-Tournee geplant gewesen, die jedoch aus sehr zweifelhaften Gründen nicht zustande kommt. Während die Konzerte bereits in den Musikzeitschriften und auf Plakaten angekündigt werden, heisst es plötzlich, aus Krankheitsgründen müsse die Tournee leider ausfallen. In Wirklichkeit ist Rory jedoch kerngesund und gibt vor ausverkauften Häusern zwei Konzerte in Holland. Was ist also geschehen? Hans Riebesehl, bekannter unter dem Namen „Riebe“, der als Herausgeber von Riebes Fachblatt und als Gelegenheits-Roadie mit Otto durch die Lande tourt, wurde auch von Rory für die beiden Holland-Gigs als Roadie eingestellt. Er glaubt die wahren Gründe für die ins Wasser gefallene Tournee zu kennen wie er uns berichtete: „Ich hab‘ während der Gigs in Holland lange mit Rorys Bruder gesprochen, der für seinen Bruder der Roadmanager ist. Demzufolge ist die peinliche Panne dem deutschen Tourneeveranstalter zu verdanken gewesen, der die vertraglich vereinbarte Vorauszahlung von einem gewissen Prozentsatz der Gage nicht geleistet hat. Rory wollte also ganz einfach vermeiden gelinkt zu werden“. Schade, dass aufgrund eines mit Künstlergagen pokernden Veranstalters die Gallagher-Deutschland-Tournee erst jetzt im Frühjahr stattfinden kann. Trotzdem: Rory Gallaghers steigende Popularität wird auch durch solche Zwischenfälle wohl kaum aufgehalten werden können. Wir wünschen ihm viel Spass in Deutschland!