Wallis Bird

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Mount Silver/Caroline/Universal

Die Berliner Singer-Songwriterin entkitscht erfolgreich die Liebe.

Dieses Album ist eine Liebeserklärung. Denn der Titel HOME bedeutet in diesem Fall, dass Wallis Bird eine Heimat in einer anderen Person gefunden hat. Sie heißt Tracey, trat ziemlich unvermittelt in das Leben der Künstlerin und lebt in Berlin. Wallis Bird zog hinterher in die Stadt an der Spree, das Titelstück des Albums erzählt davon. Zu hören ist hier allein ihre Stimme, wie damals, als Suzanne Vega von „Tom’s Diner“ sang. Im Hintergrund hört man Tracey kichern. Eine sehr intime Sache, aber die Songwriterin lässt kaum Privatkitsch zu. „We can try“ ist das Fazit dieser Lovestory. Nicht gerade der Himmel auf Erden, nur ein Versuch. So ehrlich kann Liebe sein.

Wallis Bird besaß schon immer ein Händchen dafür, überbordende Gefühle einzugrenzen, zu entkitschen. Das ist in ihrem Fall wichtig, denn in dieser Stimme wohnt sehr viel Seele, man denkt nicht umsonst immerzu an Janis Joplin, wenn man sie hört. Nähme sich Wallis Bird zu ernst, würde sie schnell auf „Wie würde Woodstock heute klingen?“-Playlists landen. So zählt Wallis Bird zum Lager widerspenstiger Künstlerinnen wie Fiona Apple oder Ani Di Franco, die lieber Leute verstoßen, als sich vereinnahmen zu lassen. Bemerkenswert ist, wie schnell sich Wallis Bird auf diesen Liebesliedern den kritischen Aspekten des Beziehungsthemas widmet.

Den Vorgänger ARCHITECT bezeichnet sie rückblickend als Baggerplatte, nun singt sie schon im dritten Song „Control“ davon, dass es nicht ihr Ziel sei, die Liebe zur Kontrollinstanz werden zu lassen. Die Musik zu diesen Gedanken ist kunterbunt: alkoholfreier Folk und nach Haarspray riechender 80s-Pop, femininer Blues und trotzige Balladen. Das schönste Lied klingt wie auf einer Party nach der Beerdigung aufgenommen; es heißt „Love“. Wer in seinem Herzen noch Platz zwischen Feist und Sophie Hunger hat, der liegt hier richtig.