Voodoo Jürgens
’S klane Glücksspiel
Lotterlabel/Sony Music (VÖ: 8.11.)
Große Geschichten aus kleinen Leben: Der österreichische Beisl-Poet singt für die Übersehenen und Abgehängten.
Stefan Redelsteiner, Entdecker einiger der erfolgreichsten Austro-Acts der jüngeren Vergangenheit, beobachtet die Berichterstattung über seine Schützlinge mit strengem Blick. In der Presseinfo dieser Platte moniert er die Kritiken, die Voodoo Jürgens’ Debütalbum ANSA WOAR vor drei Jahren einfuhr. „Zu österreichisch, zu raunzend, zu fordernd“, hätten Journalisten geurteilt.
AmazonJa, gut: Ähnliches war im Musikexpress zu lesen. Allerdings ging es dabei lediglich um die kommerziellen Möglichkeiten dieses tatsächlich sehr österreichischen Künstlers in Deutschland. In seiner Heimat gilt Voodoo Jürgens mittlerweile als Star – und das ist ihm sehr zu gönnen. Denn David Öllerer, so sein Geburtsname, vermisst und kartografiert mit seiner Kunstfigur eine versunkene Welt. Die Taxler und Tachinierer, Verlierer und Spieler, die sie bewohnen, bewegen sich verlässlich zwischen Pegelrausch und viertem Herzinfarkt. Ihre lose zusammenhängenden Geschichten inszeniert Voodoo Jürgens als kleine Dramen, in denen er fast alle Rollen selbst spielt.
Aber das ist kein Kabarett und kein gestelztes Rocktheater – diese Lieder leben! Vom Balkan jauchzen die Geigen, die Blaskapelle hält von Westen dagegen. Die Sprache ist die wichtigste Zutat in diesem Elixier. Da wird der Geldautomat, der die Karte schluckt statt Scheine auszuspucken, als „Eisensau“ diffamiert. „1 Sackel Chips, 2 Liter Eistee“ dienen als Sinnbild einer trostlosen Kindheit. Und in bloß zwei Wörtern ist erklärt, warum so viele Menschen Rechtspopulisten wählen: „Angst haums“. Voodoo Jürgens singt für die Übersehenen und Abgehängten. In der Info schimpft Redelsteiner noch: Deutsche Medien hätten geschrieben, dass Voodoo Jürgens „zu leiwand“ sei. Einspruch! Er ist genau richtig leiwand.