Tom Liwa
Eine andere Zeit
Tom Liwa/Bandcamp (VÖ: 25.10.)
Der Singer/Songwriter versucht sein Geschlecht zu verlassen und neue Perspektiven zu gewinnen.
Es ist schwer, Worte zu finden für die lyrische Schönheit, die dieses Album wie eine schimmernde Aura umgibt. Tom Liwa versucht hier zweierlei: zum einen, die Reise zu Erinnerungspunkten eines unbekannten Erzählers, der er selbst sein könnte, oder jemand anderes, in einzelne Songs zu gießen; zum anderen auch immer wieder das eigene Geschlecht zu verlassen und mit und über diese Wandlung eine neue Perspektive auf das Leben zu gewinnen.
14 wundervolle Songs werden auf EINE ANDERE ZEIT zu Einzelgeschichten, die wie Stücke vom Lebenskuchen einer uns fremden Person auf einem Silbertablett serviert werden. Wir müssen nur zugreifen und genießen. Diese Platte ist Geschenk und Angebot zugleich. Mit lässiger Selbstsicherheit breitet Liwa einen Teppich aus Blues, Folk und Country aus, der schon fadenscheinig
ist, aber genug Platz bietet für den Geschichtenerzähler, der, durchaus auch immer wieder dylanesk, über Melodie und Rhythmus hinweg vom Lieben und Leben, vom Scheitern und Hoffen berichtet.
Diese Platte ist Geschenk und Angebot zugleich
Marion van der Beeks Seven Sisters nennt er seine Band, mit der er das Album aufgenommen hat und live aufführen wird. „Die Band der Frau, die ich vielleicht wäre, wenn meine Eltern ein Mädchen gekriegt hätten“, sagt Liwa im Infotext zur Platte. Man möchte aufatmen ob der Offenheit mit der hier, im Gegensatz zu so manchem sogenannten Songpoeten unserer Tage, Geschlechterrollen infrage gestellt werden. Sanftheit und Empathie prägen dieses Album.
Unterstützt wird Liwa gesanglich unter anderem von der tollen Katharina Kollmann aka Nichtseattle, die dem letzten Track „April Scythe“ eine zusätzliche Farbe verleiht. In „Agnes“ heißt es: „Wie Buchrücken an Buchrücken standen unsere Erinnerungen wie Freunde und Feinde zugleich“. EINE ANDERE ZEIT ist eine Herbstplatte, die den Frühling mitdenkt.
Autorin: Rebecca Spilker