Tindersticks
The Waiting Room
City Slang/Universal VÖ: 22. Januar 2016
Kurzfilm und Musik: Songs zwischen kühlem Groove und samtenen Balladen, Clips zwischen Einordnung und Verstörung.
Stuart Staples und seine Band mussten sich nach diversen Soundtrack-Arbeiten zunächst an den Gedanken gewöhnen, wieder eine herkömmliche Platte aufzunehmen. Nur Musik, keine Bilder – das schien ihnen zu wenig zu sein, zumal im Zeitalter des Streamings, das Design und Artwork frech außen vorlässt. Also entschied sich Staples für einen Zwischenschritt: Zu jedem Song von THE WAITING ROOM gibt es einen Kurzfilm.
Die meisten Clips erzählen keine Geschichten, sondern verstärken die Stimmung der Musik. Einige wenige schenken den Liedern neue Deutungen, der kühle Großstadtsoul von „Help Yourself“ zum Beispiel dockt durch den Film an das Flüchtlingsthema an: Gezeigt wird ein Mann, der sich in einem Großstadtbahnhof zurechtfinden muss – bis man sich fragt, wer hier eigentlich der Fremde ist, der Immigrant oder der zerstreute Pendler und Tourist.
Die Clips stammen von befreundeten Filmemachern, einige hat Staples auch selbst gedreht. Es ist ratsam, sich die Edition mit CD/LP sowie DVD zuzulegen: Die Filme hauen einen nicht vom Hocker, erschaffen aber einen Zugang zu den neuen Songs, die längst nicht alle samtig schimmern: Die Band hat neue Sounds ausprobiert, gerade die erste Hälfte ist auf seltsame Art funky. Erst dann folgen die Balladen: „Hey Lucinda“ mit der an Krebs gestorbenen amerikanisch-mexikanischen Weltmusik-Sängerin Lhasa De Sela ist ein bewegender Dialog. Er will trauern, sie ihren Spaß: „Fairytale Of New York“ mit teurem Brandy statt billigem Rum.
Beim trotzigen „We Are Dreamers!“ wird Staples von Savages-Sängerin Jehnny Beth unterstützt, der Clip zeigt – und darauf wäre man beim Hören nun wirklich nicht gekommen – eine junge Frau, die sich in Gesellschaft eines Baggers mit Monsterrädern ablichten lässt.