Timber Timbre
Sincerely, Future Pollution
City Slang/Universal
Von der Neoromantik zum Maschinensturm: ein großer Schritt für den Dark Pop der Band aus Montreal.
SINCERELY, FUTURE POLLUTION. Den Preis für den besten Albumtitel, den Bob Dylan nie formuliert hat, heimsen Timber Timbre ein. Von Herzen grüßt die schmutzige Zukunft, das ist nicht nur ein Bonmot, sondern auch ein Statement. Genauer werden Taylor Kirk und seine Mannen nicht, wenn es darum geht, dieses Päckchen aus Chaos, schlechten Gefühlen und wüsten Vorahnungen zu beschreiben, das die kanadische Band bei den Aufnahmen zu ihrem sechsten Album zu tragen hatte (und wir verraten nicht zu viel, wenn wir darauf hinweisen, dass das Jahr 2016 im Allgemeinen und Donald Trump im Speziellen auch diese Band arg besorgt hat).
Aber die Gemengelage konnte den neun neuen Songs keinen Schaden zufügen. Im Gegenteil: Das Aufgewühltsein hat Kräfte freigesetzt, Wege zu Experimenten geebnet und ein alles in allem fantastisches Dark-Pop-Album auf die Bahn gebracht. Aufgenommen haben Sänger und Songwriter Kirk, Gitarrist Simon Trottier, Keyboarder Mathieu Charbonneau und Immer-mal-wieder-Drummer Olivier Fairfield in einem zum Studio umgebauten Herrenhaus bei Paris, das mit einer Sammlung aus alten Synthesizern und Keyboards bestückt ist. Letztere tauchen jetzt auf einem für Timber Timbre untypischen Track wie „Grifting“ auf: Synthetic Funk mit Phaser-Effekten, über den Kirk dann doch seinen gefährlich sanften Gesang schickt.
Mit dem „Sewer Blues“ begibt die Band sich auf Western-Blues-Kurs, Kirk tänzelt flüsternd und in Zeitlupe durch ein Universum voller Verwerfungen, und wenn dabei nicht gerade der Gitarrentwang aus dem Orkus erklingt, malen ein paar Uralt-Moogs das Panorama tiefrot. SINCERELY, FUTURE POLLUTION ist ein Sprung für die Band aus Montreal, die in diesem Moment des Umbruchs den Schritt von der Neoromantik zum kontrollierten Maschinensturm macht. Wenn David Lynch Timber Timbre jetzt nicht für ein Filmprojekt entdeckt, können wir ihm auch nicht mehr helfen.