Take Shelter :: von Jeff Nichols
Spende mir Schutz vor dem Sturm: Independent-Thriller, der das Ende kommen sieht.
Jeff Nichols’ zweite Regiearbeit mag Assoziationen wecken an „ Gimme Shelter“ oder „Shelter From The Storm“, aber der Song, an den ich während des Films immer wieder denken muss, ist „On Any Other Day“ von The Police. Die Betrachtung eines Tages im Leben eines einfachen Mannes, an dem alles schiefgeht. Solche Tage hat Curtis, der einfache Jedermann im Zentrum von „Take Shelter“, der darum kämpft, dass seine Familie den Anschluss an die Mittelklasse nicht verliert, regelmäßig. Aber nicht in Form eines satirischen Kommentars, sondern als Ankündigung der Apokalypse. Ein Sturm zieht auf. Es regnet Öl. Vögel fliegen bizarre Formationen. Nachts schreckt Curtis aus Albträumen auf. Kurz: Das Ende, wie es sich gläubige Amerikaner im Bible Belt vorstellen, ist nah. Das Problem: Außer Curtis bemerkt niemand etwas davon. Was nur heißen kann, dass er den Verstand verliert – und seiner Familie so der soziale Absturz bevorsteht, weil er seinen Job nicht mehr lange ausführen kann. Der Kampf um Curtis’ Leben und seine Familie stehen im Mittelpunkt des exzellenten Films, der vielleicht eine Endzeitvision ist, vielleicht ein Horrorfilm, ein Thriller oder eine Analyse des amerikanischen Niedergangs. Oder all das auf einmal. Denn wo sich Wahnsinn, Paranoia und das Ende der Mittelklasse treffen, legt Jeff Nichols den Finger in die Wunde, die sein Land ausbluten lässt. Man kann „Take Shelter“ der Schule des M. Night Shyamalan zuordnen. Oder aber, und das setzt diesen beunruhigenden Film ins richtige Verhältnis, als Brückenschlag zwischen, „The Tree Of Life“ und „Melancholia“. Ein mit bescheidenen Mitteln exzellent realisierter Film, in dem Michael Shannon als Curtis deshalb so tief in den Abgrund starren kann, weil Jessica Chastain als seine Frau Samantha ihm jenen Halt gewährt, den er eigentlich in einer mit manischer Akribie ausgebauten Sturmzuflucht hinter dem Haus zu finden hofft.
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