Shirin David
Bitches brauchen Rap
Universal (19.11.2021)
Deutschlands größter HipHop-Star verabschiedet sich vom Pop und entdeckt den Oldschool-Rap, will aber vom Vulgärfeminismus nicht lassen.
Es ist nicht so simpel, schon die Inszenierung auf dem Cover als Femme-Fatale-Filmstar aus der Schwarz-Weiß-Ära führt in die Irre. Shirin David will nicht die neue Marlene Dietrich werden, sondern der nächste Endboss.
BITCHES BRAUCHEN RAP ist eine radikale Abkehr von ihrem Debüt SUPERSIZE. Kein Gesang, keine eingängigen Hooklines, kein Pop mehr, stattdessen: Oldschool-Rap ohne modischen Trap-Schnickschnack, klare Reime über schweren Bässen. Ein klassisches Rap-Album, auch thematisch: Mode und Materialismus nur noch am Rande, stattdessen viel Herkunft und Aufstieg, vor allem im abschließenden, nahezu neun Minuten langen „Bramfeld Storys“, einer Autobiografie, die noch das letzte, dann auch mal ermüdende Detail nicht ausspart.
Ach ja, der Feminismus: Auch Bibi Blocksberg ist eine Bitch, Kamala Harris und Pamela Anderson werden in einem Atemzug als Rolemodels genannt. In „Ich darf das“ formuliert sie ganz konkret ihr feministisches Programm: „Ja, ich hab das Recht, immer zu tun und zu lassen, was ich will.“ Allerdings: der krass feministische Akt ist es dann, „ohne Make-up auf dem Cover von ’nem Klatsch- und Tratschblatt“ zu erscheinen. Und doch: In „Schlechtes Vorbild“ beschreibt David sehr einprägsam, wie auch dieser Vulgärfeminismus einem 14-jährigen Mädchen zu einem Selbstwertgefühl verhilft. Ja, es ist nicht so simpel.