Shame
Drunk Tank Pink
Dead Oceans/Cargo (VÖ: 15.1.)
Die dünnen blassen Jungs vertonen die Pandemie und finden den Punk (wieder).
Eigentlich wollte ich ja Gitarrenmusik für tot und begraben erklären. Was haben uns dünne, blasse Jungs mit Gitarren denn wirklich noch zu erzählen? Aber dann hört man ein Album wie dieses hier und versteht wieder, warum sie noch immer so wichtig sind, die schrammeligen Gitarren, die wütend ins Mikrofon schreienden Jungs.
AmazonVor drei Jahren erschien das erste Album von Shame, SONGS OF PRAISE, und brachte den „Guardian“ dazu, sie zu „Britain’s most exciting new band“ zu erklären. Charlie Steen und seine Crew gingen das Gefühl, wütend, selbstironisch und besoffen im Pub zu grölen, unglaublich gut ein – mit einem Auge auf die Stadionbühne und einem Bein im Postrock. DRUNK TANK PINK räumt damit auf. Es wird roher. Rotziger. Direkter. Ein Album wie eine Panikattacke, wie der Schreikrampf, der endlich all die aufgestauten Gefühle seit März 2020 rauslässt.
Die Vorabsingle „Water In The Well“ funktioniert mit ihrer überdrehten Spielfreude wie ein Scharnier zwischen dem ersten Album und dem Nachfolger, aber richtig tief in die Dunkelheit geht es auf der Anti-Spaziergangs-Hymne „Great Dog“, oder in „Snow Day“, das zwischen der Wut von Idles oder Fontaines D.C., dem aggressiven Minimalismus von Crack Clouds und der Verzweiflung von Ian Curtis steckt. Shame sind die Band, mit der niemand mehr gerechnet hat – aber die wir dringend gebraucht haben.
„DRUNK TANK PINK“ im Stream hören: