Richard Ashcroft
These People
Righteous Phonographic Association/ Cooking Vinyl/Indigo
Die Größe des Altmeisters des psychedelischen Britpop ist längst nur noch Behauptung.
Was stets mit den größten Reiz an The Verve und Richard Ashcroft ausgemacht hat, war ihr bedingungsloses Untermauern der eigenen Bedeutung. This is music! Zu Befehl! Wird schon stimmen! Diese Band war wie eine Religion. Man konnte ihr einfach glauben, wenn man wollte. Mit ähnlichen Mitteln kämpfte sich Cassius Clay in die Weltgeschichte. Selbstverständlich haben ihm The Verve einen Song gewidmet: „Muhammad Ali“. Und ja, The Verve waren, mit Ausnahme ihres zweiten Comeback-Albums FORTH, großartig, erhaben. Wenn auch mit Schwächen, allen voran Ashcrofts klischeetriefende Texte.
Was „Bitter Sweet Symphony“ zum Jahrhundertsong gemacht hat, ist ja nicht seine Poesiealbumpoesie, sondern sein himmlisches Arrangement. Für den Sound von The Verve war maßgeblich ihr introvertierter Gitarrist Nick McCabe zuständig. Zieht man den ab, bleibt ein nun fünf Alben umfassendes Solowerk Ashcrofts, das, vereinfacht gesagt, nie besser wurde als seine Debüt-Single „A Song For The Lovers“. Mit Grauen erinnern wir uns an seine platte Platte als RPA & The United Nations Of Sound, auf der er scheinbar mehr Energie in seine „Aaah“- und „Uuuh“-Einwürfe investierte als in seine Texte (in denen er ein ums andere Mal versicherte: „This is the universal language, this is music!“).
Ganz so einfältig ist THESE PEOPLE nicht geraten. Immerhin hat sich „RA“ (seines affigen Mittelinitials „P“ – für Paul – hat er sich zwar gleich wieder entledigt, was die neue Abkürzung allerdings unwesentlich weniger albern macht) sechs Jahre Zeit dafür gelassen. Außerdem verlässt er sich nicht (nur) auf seinen schwelgerischen Streicher-Sound mit den endlos übereinandergelegten Refrains, die mit jeder Wiederholung noch deeper werden sollen.
Ashcroft hat sich die Psychedelia signalisierende Wuschelmähne abrasiert und schließt die Disco wieder auf, die er und The Verve 2008 mit „Love Is Noise“ eröffneten: „Out Of My Body“ und „Hold On“ haben sogar Beats! Der Rest versuppt allerdings im Midtempo. Darunter die weinerliche, an Emilias „Big Big World“ erinnernde Leadsingle „This Is How It Feels“, deren „Ah-ah-ah-ah, o-ho, ye-eh“-Hook nicht deutlicher machen könnte, dass Ashcroft nichts mehr zu sagen hat. Aber hatte das nicht schon die „Oo-uh-Oo-uh-Oo-uh, A-oh-A-oh-A-oh“-Hook im eben besagten „Love Is Noise“ erledigt?
Immer wieder spuckt „Mad Richard“s (was war noch mal so mad an ihm?) Plattitüden-Generator Willkürlichkeiten wie „Lord, I wanna fly away“, „Is it true what they say: Nothing in life is free?“ und „Yes, it’s real life, sometimes it gets so hard“ aus. In „Black Lines“ möchte er ebendiese unter den Augen des Adressaten mit einem Lächeln austauschen. Und dann käme erst die Nase oder wie? Das wäre ja mal wirklich mad! Wie das letzte Stück versichert, handelt es sich hier um „Songs Of Experience“ – eine Anspielung auf das Werk William Blakes, die zuletzt auch U2 wagten. Der 44-Jährige mag auf eine erfahrungsreiche Lebenshälfte zurückschauen, in seiner Musik findet sie keine Entsprechung.