Perfume Genius

Ugly Season

Matador/Beggars/Indigo (VÖ: 17.6.)

Trotz eines „Pop Song“ das am wenigsten poppige Album des Arthouse-Indie-Pop-Stars.

Kontrabass und Kirchenorgel dröhnen schön im Opener „Just A Room“. Perfume Genius winselt zur Harfe. Und andächtig auf einem björkesken Bett aus Streichern und Holzbläsern in „Herem“, das einem nicht nur die Socken auszieht. Ist der neue orchestrale Sound überhaupt noch Perfume Genius? Oder schon Maestro Genius? Nach zehn Minuten wummert dann ein wasserwallender Beat durch. Wenn’s läuft für einen Indie-Pop-Star und man was wagen kann, macht man halt mal, als Neben-Challenge, einen klassisch inspirierten Liederzyklus (wie Tori Amos), ein Ballett (wie Sufjan Stevens) oder ein Tanztheaterstück (wie nun Perfume Genius) mit angedocktem Arthouse-Kurzfilm?

Amazon

Wobei die Reihenfolge, wie wir das, zumindest als Perfume-Genius-Fans in Europa nun rezipieren, etwas zeitverkehrt ist: Denn eigentlich ist die Musik auf UGLY SEASON älter als das Superalbum SET MY HEART ON FIRE, IMMEDIATELY (2020): 2019 nämlich schon hatte das Tanzstück „The Sun Still Burns Here“ Premiere, das Perfume Genius mit der Choreographin Kate Wallich entwickelt hatte – und das er in Seattle, Minneapolis, New York und Boston zur Aufführung brachte.

Hoffentlich nicht bloß eine Season

Witzig, dass ein Track „Pop Song“ heißt auf diesem am wenigsten poppigen Perfume-Genius-Album. Er wirkt mit seinen Synthie-Funken-Flanken wie die faserige Nahtanz- Version seines 2020er Tanzbodenkrachers „On The Floor“. Man darf bei all der Tanzerei freilich nicht vergessen, dass die intime Auseinandersetzung mit dem eigenen (queer begehrenden) Körper nicht einfach Fun-Party ist. Der Titeltrack „Ugly Season“ greift stöhnend Dancehall-Reggaeton auf, ein vor Arca im Bund mit Rosalía nicht gerade queerer Safespace.

Youtube Placeholder
An dieser Stelle findest du Inhalte aus Youtube
Um mit Inhalten aus Sozialen Netzwerken zu interagieren oder diese darzustellen, brauchen wir deine Zustimmung.

„Eye In The Wall“ steigt durchs pulsierende Electro-Gloryhole. Das mysteriöse, blechbläsersatte „Photograph“ wäre der perfekte Bond Song, wenn es denn mal einen queeren Bond gäbe. Noch nie war Perfume Genius auf einem Album seiner Klavierballaden Komfortzone weiter entstiegen als nun auf UGLY SEASON. Es ist das Gegenteil von ugly. Und hoffentlich auch nicht bloß eine Season.

Spotify Placeholder
An dieser Stelle findest du Inhalte aus Spotify
Um mit Inhalten aus Sozialen Netzwerken zu interagieren oder diese darzustellen, brauchen wir deine Zustimmung.