Penguin Cafe
The Imperfect Sea
Erased Tapes/Indigo (VÖ: 05.05.)
Die Wiedergänger des Café-del-Mar-Ambient wollten vermutlich gerade nicht spannend sein. Ist die Musik dann leider auch nicht geworden.
Söhne, die Vätermusik machen, anstatt sich konzeptionell deutlich abzugrenzen von ihrem Erzeuger, haben es in jeder Beziehung schwer. Die armen Dweezil Zappa oder Sean Lennon sind namentlich dabei natürlich (in jeder Hinsicht) deutlicher vorbelasteter als Arthur Jeffes. Dessen Vater Simon erfand in den 1970er-Jahren ein merkwürdiges Zwischending, das die Strenge der Klassik und die Simplizität von Rock in einer einzigen Bewegung überwinden sollte: Das Penguin Cafe Orchestra, ein loser Zusammenschluss von Musikern, die experimentell, aber vor-elektronisch an neuen, emotional greifbaren Klängen zwischen Folk und Avantgarde arbeiteten. Imaginäre Folklore hieß das damals, Brian Enos Label veröffentlichte das Debüt 1976, es folgten nur vier weitere Alben, bis Simon Jeffes 20 Jahre später an einem Gehirntumor starb und mit ihm das Projekt. 2007 reformierte Sohn Arthur die Formation, aber heute klingt das, was er im Geiste dieses Erbes produziert, wie vieles andere, was neben dem Penguin Cafe auf dem Londoner Label Erased Tapes veröffentlicht wird – wenn auch in der Easy-Listening-Version.
Akustische Electro/Dance-Interpretationen, Jazz und Folklore, Weltmusik und repetitiv-minimalistische Momente treffen im Laufe von THE IMPERFECT SEA aufeinander, manche sind, wie im Opener „Ricercar“, doch sehr euphorisierend. Oft genug aber versandet THE IMPERFECT SEA in langatmigen Klavieretüden und Chill-Out-Plattitüden. Die schlimmstenfalls sogar „Franz Schubert“ heißen und als verkapptes Kraftwerk-Cover vor sich hin schnarchen. So etwas bringen Erased-Tapes-Acts wie Hauschka oder Nils Frahm in jedem Fall wesentlich spannungsgeladener. Dass der in den 70er-Jahren noch progressive Geist, Klassik, Folk und Ambient neu und zusammen zu denken, heute auch Dank des Penguin Cafe Orchestra so handelsüblich geworden ist, lässt THE IMPERFECT SEA leider in gefälliger Bedeutungslosigkeit versinken.