Parquet Courts
Wide Awake!
Rough Trade/Beggars/Indigo
Danger Mouse wollte Parquet Courts, und was haben wir jetzt davon? Eine perfekte Indie-Gitarrenplatte.
Nicht alles, was Brian Burton a.k.a. Danger Mouse zuletzt produzierte, hat funktioniert. Er und U2 – das ging schief, vieles davon landete in der Tonne. Auch THE GETAWAY von den Red Hot Chili Peppers blieb ohne Tiefgang. Dafür brachte er Portugal. The Man scheinbar für immer in die Charts und arbeitete mit Michael Kiwanuka an LOVE & HATE, einem der besten Neo-Soul-Alben der vergangenen Jahre.
Jetzt hatte Burton den Wunsch, die Parquet Courts zu produzieren, New Yorks Indie-Helden, die Velvet Underground und die Strokes locker auf einen Nenner bringen. Doch diese Band macht es uns nicht immer einfach, zwar sind die Platten unter eigenem Namen alle super, zwischendrin gab es von den Beteiligten aber auch seltsame Nebelkerzenwerke, auf die man sich freute, dann aber nicht begriff. Was daran liegen könnte, dass sie mies sind. WIDE AWAKE! dagegen ist umwerfend.
Burton durfte im Studio seine originären Klangeinstellungen nutzen, diesen stets etwas pappig-ploppenden Sound, dem eine Dimension zu fehlen scheint. Einfach das Schlagzeug bei „Violence“ hören, dann weiß man, was gemeint ist. Über diesem Ploppen aber lässt Sänger Andrew Savage eine Tirade los, die an einen hyperventilierenden Jonathan Richman im Mark-E.-Smith-Modus erinnert, die Band spielt dazu einen coolen Freakbeat-Fuzz zur Doors-Orgel – gut vier Minuten läuft der Song, man denkt immer, es wären höchstens zwei. „Total Football“ beginnt als langsamer Punkrock, wird dann zu hüpfendem Pop-Punk, bleibt aber ein Hit.
Seinen Sinn für Reinheit hat Danger Mouse der Band bei „New Orleans Beads“ nahegebracht, es beginnt schwebend, wie ein Song von Grandaddy, dann kommt der windschiefe Zweiergesang, der die Harmonien von Simon & Garfunkel sucht, schließlich sogar findet und zur Belohnung in ein Riff wie von Crosby, Stills & Nash geschmiedet übergehen darf. Auf „Tenderness“ folgt die Band der Punk’n’Funk-Idee von Joe Strummer, „Back To Earth“ klingt wie Franz Ferdinand ohne Dancefloor-Ambitionen, von denen besitzt dann das Titelstück eine Menge: Parquet Courts in der Mutant Disco – da gehen wir mit!
Klingt wie: Jonathan Richman: Her Mystery Not Of High Heels And Eye Shadow (2001) / Joe Strummer: Streetcore (2003) / Rolling Blackout Coastal Fever: Talk Tight (2017)