Ostzonensuppenwürfelmachenkrebs
LEICHTE TEILE, KLEINER ROCK
Tapete/Indigo (VÖ: 13.10.)
Hamburger Indie-Rock in Vollendung.
Zwei EPs in der zweiten Hälfte der Neunziger, die erste von 1996, die zweite von 1998, „Leichte Teile“, „Kleiner Rock“, nun auf einem Album – und die Feststellung, dass hier etwas schiefgelaufen sein muss. Denn während Tocotronic immer weiter brillieren und alle Kante so sehr vermissen, bleiben Ostzonensuppenwürfelmachenkrebs das Phänomen mit dem langen Namen.
Dabei ist „Von Haus aus allein“ Hamburger Perfektion: Indie-Rock mit einem Text über die Widersprüchlichkeiten des Ichs, des Dus, der Zweisamkeit – „und ich denke manchmal, dass wir uns so gut verstehen, liegt doch auch daran, dass wir uns im anderen sehen“. Dann der Hochgeschwindigkeitsmonolog am Ende: Irre, wie selbstverständlich die Band die Deutschsprachigkeit hinbekommt, dabei war sie zuvor davor geflüchtet, mit dem Instrumentalalbum KEINSEIER (1994), mit den ersten beiden LPs, auf denen das Englische dominierte.
Die Musik der Gruppe besaß damals viele doppelte Böden. Auch LEICHTE TEILE, KLEINER ROCK ist komplex, kommt aber ohne Überbau aus. „Scheint gut“ wirkt wie Rockabilly-played-by-Tortoise, die laute Gitarre am Ende ist der Noise-Himmel. „Andere Baustelle, ähnlicher Auftrag“ hat was von Morricone, aber was der Schlagzeuger da spielt, das versteht niemand außerhalb des Gruppen-Kosmos. Diese Postrock-Elemente machen die Musik so interessant, an jeder Ecke wartet ein Abenteuer. Ob’s weitere geben wird? Ein neues Bandfoto und Live-Termine im Herbst sprechen dafür. Hin da!