Oehl
100% Hoffnung
Grönland/Rough Trade (VÖ: 9.7.)
Das österreichisch-isländische Duo hebt den Austro-Pop auf ein neues Level.
Popmusik ist auserzählt? Am Arsch! Bloß weil man vieles schon mal gehört hat, heißt das nicht, dass man nicht auch 2021 noch überrascht werden kann. 100% HOFFNUNG von Oehl ist in jedem Fall eines der erstaunlichsten Werke des jüngsten Pops. Wo soll man anfangen bei diesem österreichisch/isländischen Duo?
Bei dem sphärischen Knister-Elektro der Musik, die zwischen elegant und romantisch irrlichtert? Oder doch besser bei den verstörenden Texten? Jene stellen wohl das augenscheinlichste Trademark dar, mit dem man sich von anderen Schöngeistern mit Songwriter-Ambitionen unterscheidet. Allein die Zeilen auf dem Stück „Arbeit“: „Wir bauen uns ein Schloss aus Granit / Wir machen keine Türen oder Fenster rein / Es ist nur die Arbeit / Sie wächst über Köpfe“.
Politik und Lyrik zusammenzubringen, das klang bei den Barden der DDR allzu oft bemüht. Die Selbstverständlichkeit, mit der es bei Oehl dagegen gelingt, erscheint teilweise obszön. Doch erst in „300.000“ entfaltet sich die textliche Welthaltigkeit dieses Projekts vollends. Ari Oehl erzählt darin die von korrupten Banken versenkten Ersparnis-Geschichten einiger Kleinsparer nach. Wie man aus diesem Verbraucherzentralen-Topos (unter anderem wird der Einlagensicherungsfonds paraphrasiert) dermaßen zarte Pop-Poesie machen kann, bleibt auch nach mehrmaligen Hören ein Rätsel. Und genau das ist das Schöne daran