Noga Erez
Off The Radar
City Slang (VÖ: 2.6.)
Rumms, klack, boom: Electropop mit Brutalo-Bass! Die Israelin tritt so hart ins Kreuz wie die frühe M.I.A..
Manchmal geht sie schief, die Sache mit dem Radical Chic. Neulich etwa, als das Model Kendall Jenner in einem Werbespot für Pepsi das Problem rassistischer Polizeigewalt auf Demonstrationen löste, indem sie grimmigen Cops eine Dose Cola reichte. Da darf die Frage ja erlaubt sein: Korrumpiert man Gesellschaftskritik, indem man sie schick in Szene setzt?
Noga Erez, Sängerin und Produzentin aus Tel Aviv, nimmt offenbar keinen Anstoß an der popkulturellen Verwertung von Protest. Die Widersprüche eines urbanen Künstlerlebens unterm Iron Dome übersetzt das ehemalige Mitglied der Indieband The Secret Sea auf ihrem Solodebüt OFF THE RADAR in basslastigen, trippigen Electropop mit Trümmerbeats. Und wie drastisch, wie zwingend!
Fast jeder der zehn Songs und fünf Interludes ist ein Tritt ins Kreuz. Das glitchige „Pity“, vorangetrieben von Militärparaden-Drums, verhandelt einen Vergewaltigungsfall in Israel. In „Toy“ trifft Herrschaftskritik auf Geheul aus der Gespensteroper, während im Video zum Instant-Hit „Dance While You Shoot“ pinkfarbenes Kunstblut spritzt. Mit seiner zugleich vertrackten und wuchtigen Beat-Architektur erinnert OFF THE RADAR an den Partisanenpop der frühen M.I.A., doch hat sich statt heißer Wut eher stetes Unbehagen in Erez’ Soundentwurf eingeschrieben. Die Frage, ob man mit Kritik in Urban-Outfitters-Ästhetik die Welt verändert, wird auch Noga Erez nicht beantworten. Ein merkwürdiges Schmuckstück ist ihr Debüt dennoch.