Nick Waterhouse
Promenade Blue
Innovative Leisure/Membran (VÖ: 9.4.)
Die Vergangenheit mal nicht als Fetisch: Der Retro-Spezialist weiß genau wo er sich bedient.
Jemand marschiert durch die Nachbarschaft in San Francisco, er verliebt sich in den „The Spanish Look“, in Vincentine, er oder sie oder beide brauchen viel Medizin, er ist sehr betrübt, lässt sich von jemandem mit silbernem Armband küssen, sie läuft davon, er hat eine miese Zeit, freut sich aber, in Kalifornien daheim zu sein und nicht in New York oder Texas, und am Ende ist gar nichts klar.
AmazonDas passiert auf dem fünften Album von Retrospezialist Nick Waterhouse, wenn man es durch den Zeitraffer laufen lassen würde. Das mag sich konfus anhören, manches davon auch abgedroschen, aber auf eine übergreifende Handlung kommt es hier nicht als Erstes an. Sondern auf Stimmungen, auf ästhetisierte Beschreibungen. Die Texte sind knapp gehalten, kantig und pointiert, immer wieder stechen markante Bilder heraus: „In your blue silk robe, burning cigarettes, dreaming of Isolde on a Baton Rouge deck.“
Wie Waterhouse singt, scharfkantig, manchmal sarkastisch, das erinnert entfernt an Elvis Costello. Auf jeden Fall verbindet die beiden eine offensichtliche Liebe zu Girlgroups der 60er-Jahre, zu Roy Orbison oder zum perfekt getimten, orchestralen Pop von Burt Bacharach. Ansonsten: Rhythm & Blues, Garagenrock, Elvis circa 1960, Latin-Jazz, Duane-Eddy-Gitarre, viel Saxofon. Waterhouse klaubt sich zusammen, was er brauchen kann. Das machen viele so, aber er macht es besser als die meisten. Der Rückgriff auf die Vergangenheit wirkt bei ihm nicht wie ein Fetisch. Er klingt einfach ziemlich cool.