Lea Porcelain
Hymns To The Night
Lea Porcelain / Rough Trade
Hymnen in schwarzer Nacht: Der Postpunk des Frankfurter Duos pocht zwischen Schwermut und Euphorie.
Natürlich denkt man sofort an die alte Manchester-Melancholie. Die anschwellenden Gitarrenläufe, der aufregend schwermütige Gesang, sogar die Songtitel („Warsaw Street“) erinnern an Joy Division. Der Begriff Postpunk soll hier aber gar nicht zu sehr als Summe einzelner Soundfragmente oder Hinweis auf ein bestimmtes 80er-Instrumentarium verstanden werden, sondern eher als energetischer Leitfaden. Denn Energie gibt es auf der Debütplatte von Julien Bracht und Markus Nikolaus ungemein viel.
Eine wütende Rauschhaftigkeit durchzieht sogleich den Opener „Out Is In“ wie in einem Fiebertraum: die Synthesizer vibrierend, die Drums angriffslustig, die Gitarren mürrisch verhallt. „Bones“ ist ein Song über die menschlichen Bande, die wir weder frei wählen noch abschütteln können (die Familie, die Liebe) und wird durch-zogen von schönen, schweren Klangflächen und einem mächtigen Schwall Wehmut, wie er auch in den besten The-xx-Songs vorkommt. Danach bricht mit der hellen, geloopten Ukulelenmelodie von „A Year From Here“ plötzlich Licht durch die Postpunk-Nebelschwaden (klingt nach einer komischen Paarung, funktioniert aber seltsam gut). Nach drei Songs sind auf dieser Platte schon mehr Gefühle und Stimmungen komprimiert, dass dafür eine Nacht draußen im echten Leben kaum ausreichen würde.
Folgen werden noch dystopische Zwischentöne („Similar Familiar“) und zarte Synthie-Lovesongs („Remember“). Den Schluss bildet ein Stück mit dem symbolischen Titel „Endlessly“, das ätherisch beginnt und dann mit Schlagzeug und klagendem Loop-Chor eine enorme Spannung aufbaut. Lea Porcelain machen Musik für die Stunden zwischen Mitternacht und Morgendämmerung, die alle Sehnsüchte, Euphorien und Tiefschläge immer noch größer und schwerer wirken lassen. Ihre Songs tun das auch.