Kraftklub
Kargo
Vertigo/Universal (VÖ: 23.9.)
Persönlich oder politisch, der Indie-Punk-Rap der Chemnitzer ist nie überfrachtet.
Das vierte Kraftklub-Album und das erste nach fünf Jahren Pause beweist, dass derzeit kaum eine andere Band Punk-Esprit mit internationalen Indie-Rock-Riffs und deutschem Sprechgesang so zu inszenieren versteht, dass all dies auch noch treffsicher in einem zündenden Chorus kulminiert.
AmazonInhaltlich bleibt das Vexierspiel zwischen pumpender Farin-Urlaub-trifft-auf-Franz-Ferdinand bei einer Festival-Hüpf-Party und sozio-politischer Kritik weiterhin spannend. Zumal die großen Kraftklub-Themen an zeitgenössischer Brisanz nichts eingebüßt haben. Mögen Titel wie das augenzwinkernd selbstreflexive „Teil dieser Band“ oder das Indie-Disco-Referenzen von Mike Skinner bis die Killers beim Namen nennende (und dabei ein Verflossenen-Trauma aufarbeitende) „Ein Song reicht“ auch persönlicher anmuten, die wahren textlichen Stärken liegen woanders.
Etwa wenn man sich wie in „Wittenberg ist nicht Paris“ Ost-West-Diskrepanzen und Großstadt-Kiez-Liberalismus vornimmt. Oder man zusammen mit Tokio Hotel (weitere Albumgäste sind Mia Morgan und Blond) im Provinz-Roadmovie „Fahr mit mir (4×4)“ verdiente Spitzen gegen Spießertum sowie den erzkontroversen „Bild“-Kolumnisten Franz Josef Wagner austeilt. „Vierter September“ widmet sich resümierend, aber nicht resignativ dem Tag nach dem 2018 von Kraftklub initiierten Chemnitzer-Anti-Rechtsruck-Konzert unter dem Banner „Wir sind mehr“ – und was letztlich davon übriggeblieben ist.