Kinder der Verdammten :: Alles, was wir geben mussten

von Mark Romanek, USA 2010

mit Carey Mulligan, Keira Knightley, Andrew Garfield

Ein trauriger Film: Über das Leben, erste Liebe, vor allem aber das Sterben.

Es geht um erste Rivalität bester Freundinnen, unschuldige Träume und Hoffnungen, Alltag an einem britischen Internat. Zunächst einmal. Aber vom ersten Bild an läuft da ein zweiter Film ab in Mark Romaneks Adaption des epochalen Romans von „Was vom Tage übrig blieb“-Autor Kazuo Ishiguro aus dem Jahr 2005: Irgendetwas stimmt da nicht in Hailsham, von Anfang an kann man Risse in der Fassade erkennen. Zu marode wirkt sie, zu fremd sind die täglichen Rituale, zu isoliert ist die Schule von der Außenwelt, zu reglementiert das Leben der Kinder, so als befände man sich in einem Paralleluniversum. Science-Fiction ohne einen Hauch von Science. Von ihren Lehrerinnen werden die Kinder auf eine Mission vorbereitet, die sie nicht verstehen – und auch nicht verstehen könnten, wenn man sie ihnen buchstabierte, weil diese Realisation bedeuten würde, dass man nie wieder einen Schritt vor den anderen setzen könnte. Und weil der Film ganz aus der Sicht der Kinder erzählt wird, bleibt der offensichtliche Horror verborgen. Man sieht den Schrecken, ahnt sein ganzes Ausmaß, will ihn aber nicht wahrhaben. Man verdrängt ihn und lässt sich einlullen von der Geschichte, die im Vordergrund erzählt wird. Von der schüchternen Kathy, die unsterblich verliebt ist in den impulsiven und ungelenken Tommy, der sein Herz aber Kathys bester Freundin schenkt, Ruth. Oh, der Herzschmerz, oh, tobende Gefühle, die den Blick darauf verstellen, dass die Zeit unweigerlich abläuft. Alles, … ist von exquisiter Traurigkeit, voll Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit, ein Film, der grau beginnt und immer dunkelgrauer wird, bis er einem die Luft abschnürt. Wie eben auch die traurigsten Lieder der Popgeschichte (wir reden von Lou Reeds „The Bed“ und Johnny Cashs Interpretation von „Hurt“, dessen Video Alles, …-Regisseur Romanek unsterblich gemacht hat). Und doch ist der Film von einer Schönheit, die es möglich macht zuzusehen, ohne aus dem Fenster springen zu wollen. Warum lehnen sich Kathy, Tommy, Ruth und all die anderen Kinder nicht auf gegen das System, das ihre Zerstörung orchestriert? Fragen sich die Kritiker des Films, die nicht realisieren, dass das Unausweichliche keine Rebellion zulässt. Und gehen zum Alltag über, anstatt sich dagegen aufzulehnen, dass ihr Leben mit jedem Tag einen Tag kürzer wird. Start: 14. April