Jonathan Wilson
Rare Birds
Bella Union/[PIAS] Coop/ Rough Trade
Das War-On-Drugs-Konzept als Sound der Stunde: Atmo-Erzählrock, beinahe gitarrenlos.
Willkommen in der Major League! Noch vor wenigen Jahren war Jonathan Wilson ein Nerd aus L.A., gesegnet mit absolutem Gehör, Besitzer eines eindrucksvollen Geräteparks. Sein Album FANFARE gelang ihm dann so gut, dass sein Studio in Echo Park zur besten Adresse der Stadt wurde. Wilson produzierte Father John Mistys PURE COMEDY, spielte bei Roger Waters – und hat die Telefonnummer von Lana Del Rey. Auf RARE BIRD singt sie bei „Living With Myself“ mit, das Stück zeigt den Unterschied zwischen dem Wilson von heute und dem von gestern: FANFARE war ein ausuferndes Werk zwischen Neo-Psychedelia, Classic Rock und Americana, der Geist des alten Laurel Canyon schwebte über allem.
Doch dann kam ein Mann aus Philadelphia, der dem Canyon einen neuen Sound schenkte: Adam Granduciel hat mit The War On Drugs ein Klangkonzept erschaffen, das Wilson zum neuen Standard definiert. Auf der sehr langen Single „Over The Midnight“ gibt eine gedämpfte Drum Machine den Rhythmus vor, flächige Keyboards illustrieren, die Gitarre verziert, Wilson singt über Hippies und Freaks, immer mal wieder streut er ein seltsames „Aha“ ein, wie bei Abbas „Knowing Me, Knowing You“. Die Basis dieses Sounds bleibt Fabulierkunst von Bruce Springsteen, gekoppelt wird sie mit Minimalismus und sozialkritischem Soul. Vor vielen Jahren haben in Schottland The Blue Nile ähnliche Entwürfe vorgelegt. „There’s A Light“ fügt dem Konzept den schlagerähnlichen Schmiss von Neil Diamond hinzu, „Miriam Montague“ dreht in Richtung SGT. PEPPER’S ab, beim feierlichen „49 Hairlips“ ist der Father mit dabei, der Song mit Lana Del Rey erinnert an „Twin Peaks“ und die Fleetwood Mac der 80er.
Klingt wie: Jimmy Webb & The Webb Brothers: Cottonwood Farm (2009) /The War On Drugs: A Deeper Understanding (2017) / Father John Misty: Pure Comedy (2017)