Jens Friebe

Wir sind schön

Staatsakt/Bertus (VÖ: 30.9.)

Glamour-Agitprop für den Kampf gegen Erschöpfung, Neoliberalismus und die Verzweiflung.

Jens Friebes neues Album wirkt wie eine triumphale Rückkehr, obwohl der Berliner Musiker gar nicht wirklich weg – und die letzte Platte von 2018 auch sehr gut war. Aber vier Jahre sind doch eine lange Zeit – und wie furchtbar war die zweite Hälfte davon bitte? Umso tröstlicher umarmen uns die elf Songs von WIR SIND SCHÖN: Es geht um Erschöpfung („Das Nichtmehrkönnen“), Klassenunterschiede („Die schrumpfende Stadt“) und Drogennehmen, damit man im Neoliberalismus funktioniert („Microdoser“) – aber das Negative gewinnt nicht die Oberhand.

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Aus der Abgefucktheit der jüngeren Vergangenheit wächst eine zwar melancholische, doch trotz alledem zart optimistische Euphorie. Die Texte sind konkret und vieldeutig zugleich, vor allem „Der Wahn“ ist in dieser Hinsicht schlichtweg grandios („Ich bin die Strömung an den Badestränden / Ich überwintere in den Zwischenwänden“). Musikalisch geht Friebe nach dem experimentellen Kollektivwerk FUCK PENETRATION beinah minimalistisch vor, ursprünglich sollten die Songs nur mit Drumcomputer und E-Piano aufgenommen werden.

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Diese Basis ließ Raum für den Input bewährter Gefährten wie Chris Imler oder Hermann Herrmann; Achan Malonda und Pola Schulten sorgen für Backgroundgesang, der weit mehr ist als das, sondern essenzieller Bestandteil von Songs wie der agitatorischen Hymne „Sing It To The Converted“. Die Stücke grooven und schillern in einer Weise, die sich von Platte zu Platte stetig zu perfektionieren scheint – selbst ein Klassiker wie Leonard Cohens „First We Take Manhattan“, den er wörtlich eindeutscht, klingt, als stammte er eigentlich von Friebe.