Grimes

Miss Anthropocene

4AD/Beggars/Indigo

Die Göttin des Klimawandels lässt ihre Schurken zu düsterem Gothic-Art-Pop los.

Das ist kein epocheprägendes Album. Fazit am Anfang, weil: große Erwartungen! Es ist noch immer erstaunlich, dass eine Outsider-Bedroom-Künstlerin, deren Debüt im hiesigen Diskurs gar keine Rolle spielte, ein Jahrzehnt später zu den wenigen verbliebenen Lichtgestalten gehört, deren Lebensweg ein größeres Publikum begierig verfolgt. Auf Geidi Primes folgte 2012 VISIONS mit zwei Überhits („Genesis“, „Oblivion“), die zu den besten Tracks des Jahrzehnts gehören, dann ein Art-Pop-Meisterwerk, das längst Kultstatus erreicht hat – fünf Jahre sind seit Art Angels vergangen, Claire Bouchers neues Album wurde oft angekündigt, öfter verschoben.

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Grimes änderte ihren bürgerlichen Namen von Claire zu c, wurde als Partnerin des Unternehmers Elon Musk zu etwas zwischen Star, mystischem Wesen und Bösewicht. Und der Ruf dieses Werks: Als eines der ersten soll es den Klimawandel direkt thematisieren, es sei ein Konzeptalbum über dessen Göttin, die Titelheldin, deren Name sich aus „Misanthropie“ und dem „Anthropozän“ zusammensetzt, jener geologischen Erdepoche der Gegenwart, in der der Mensch zum bestimmenden Faktor der planetaren Veränderung wird.

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Nun ist Miss Anthropocene endlich hörbar. Und: Nun, ja – wo Grimes ist, ist Pop ganz vorne, mit der Kanadierin ist Musik ein Ereignis, bei dem Massenappeal und Avantgarde sich ganz selbstverständlich berühren. R’n’B und Psychedelia, vor allem aber das DC-Comic-Universum, Cyberpunk und elektronische Gothic prägen Sound und Habitus der zehn Tracks. Grimes-Nostalgiker*innen freuen sich auf „Idoru“, C-Pop-Fans auf „Darkseid“ mit Vocals der taiwanesischen Rapperin PAN. Vieles bleibt aber ein wenig beliebig, ist nicht mehr aufreizend anders, sondern nur das von Grimes Erwartbare. Maximalistisch ist das immer, aber leider selten überwältigend. Ja, auch Miss Anthropocene ist ein richtig gutes Album. Den Sound der Dekade prägen wird Grimes damit nicht.

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