Grim 104
Grim 104
Buback/Indigo
Gegen den Beat und die Gepflogenheiten der Szene: Der Rapper von Zugezogen Maskulin legt in seinem Ingrimm gegen die große Verblödung eine kafkaeske Verwandlung hin.
Man durfte das Video zur ersten Single aus dem neuen Album des Zugezogen-Maskulin-Rappers Grim 104 mit freudiger Verwunderung anschauen: Es erzählt von der Verwandlung in einen Frosch mit wunderschönen schwarzen Augen. Und alles, was diese sahen, war „Nebel auf den Feldern, die im Dunkeln leuchtenden Bauernhäuser, das Knacken der Äste, der Autoscooter, im Regen zerlaufende Hakenkreuze“. Die Verse kennen kein Maß und kaum Reime. In kurzen, heftigen Strichen malt Grim 104 das Bild seiner Jugend auf dem Dorf irgendwo in Friesland, und es macht den Eindruck, als stolpere er noch heute über das, was er sehen kann, die Stimme im wackeren Kampf gegen die Beats, aufgepeitscht vom schwarzen Dröhnen der Synthesizer. Es ist ein Soundtrack der Verdunklung, der weite Teile dieses trotzigen Albums bestimmt, die Orte mögen wechseln, der Ingrimm gegen die große Verblödung bleibt: Revolution und Resignation wohnen direkt nebeneinander in den Lyrics von Grim 104.
Mittendrin gelingen ihm Zeilen fürs Poesiealbum des Rap, mit Anwartschaft auf ein Graffito unter einer Brücke in der Hauptstadt, in der er längst lebt und beobachtet: „Auto, Urlaub, Ausland. Alles vergeht im kommenden Aufstand“. Thees Uhlmann soll Grim 104 ja auch schon zu seinem Liebling erklärt haben. Der Beifall der Generation Indie ist ihm sicher, und weiter? Er verwandelt sich gerade. Aber nicht in einen Frosch, sondern in einen Leitwolf für alle Nachwuchs-Freestyler unter dem gerne grauen Himmel Deutschlands. Er gibt die passende Antwort auf die blutleeren Jungunternehmer und Mittelschichtsschocker auf dem Boulevard der Sido- und Bushido-Schule.