Gold Panda
Good Luck And Do Your Best
City Slang/Universal
Eine Art Soundtrack zu einer Japan-Reise, oder: elektronische Cut-up-Kunst aus dem Geist der Romantik.
Am Anfang zieht diese Musik noch ohne Beats vor sich hin, die „heöys“ werden von „oooahs“ und „iiis“ wie in einem Kanon beantwortet und fortgetragen, bis sich eine Keyboardschleife einhakt, den Track „Metal Bird“ weiterschiebt, ihn im selben Moment aber zum Stillstand ruft. In diesem Spannungsfeld arbeitet die Musik von Gold Panda 2016. „In My Car“ gleich im Anschluss könnte der Beginn einer Barry-White-Platte sein, die nur auf das Kopfkissengeflüster des Soul-Erotomanen wartet. Stattdessen: hakende Beats, eine abgeschnittene Stimme, ein „hähähä“ in Portiönchen, eine Cut-up-Lautreihe, die bald Platz für einen Harfenklang macht. Ob eines dieser beiden Stücke für ein „Klar, das ist doch Gold Panda“ beim Blind Date gereicht hätte? Schwer zu sagen.
2009 war der Brite im Internet mit dem Track „Quitters Raga“ aufgetaucht, der ihm auf der Stelle Popularität bescherte: ein 1:54-Minuten-Trip in ein elektronisches Paralleluniversum, in dem der Künstler Indie-Geschrammel, ein deformiertes Quietschen (war das eine Kindertrompete?) und einen fernöstlichen Chor zu einem kleinen Glitch-Hit zusammenbaute.
Derwin Schlecker, der Vinyl-Jäger-und-Sammler, der sich die Rohstoffe für seine Samples gerne aus Charity-Shops besorgt, war bald ein gefragter Remixer, er bastelte an Songs von Little Boots, Bloc Party und Simian Mobile Disco. Und brachte nebenbei Tracks für mehr Alben auf die Reihe, als sein umtriebiger Geistesverwandter Kieran Hebden alias Four Tet bis heute veröffentlicht hat. Vieles davon verweilt in den Archiven. Der eigene Longplay-Output blieb bislang mit LUCKY SHINER (2010) und HALF OF WHERE YOU LIVE (2013) schmal.
GOOD LUCK AND DO YOUR BEST ist nun ein Album zum Stand der Dinge in der Elektronik geworden, obwohl oder gerade weil es das Werk eines eher einzelgängerischen Nerds auf der Suche nach kleinen Seitenwegen quer zu den großen Soundboulevards ist. Elektronik feiert aktuell Innovationen in den Mikrostrukturen, die großen epochalen Schwünge, die Clicks & Cuts und Glitch beispielsweise markierten, finden wir schon länger nicht mehr. Dieses Album schlägt jetzt auf wie zufällig dahingeworfen, gar nicht nach vorne drängend und doch ganz dringend in seinem Anliegen: etwas sehr Persönliches in dieser Musik auszudrücken. Etwas, das Gold Panda in weiten Teilen elektronischer Musik vermisst, wie er einmal sagte.
Heute stellt Gold Panda seine Persönlichkeit und sein Umfeld in den Dienst seiner Cut-up-Kunst, seine Tracks werden mehr und mehr zu Soundreisen, komplex, aber nie kompliziert. 2014 flog er nach Japan, um Field Recordings zu machen, begleitet von der Fotografin Laura Lewis, die das Projekt in Bildern dokumentierte. In den Videos, die zwei der Albumtracks begleiten, sieht das so aus, als stürbe diese Musik, weil ihr Narrativ hinkt, weil sie fragt, wie es denn weitergehen soll. Die Kamera verharrt, das Teewasser kocht, die Hühnerbeine sind in der Pfanne, der Künstler futtert vorm Mac.
Die Musik auf GOOD LUCK… beruft sich auf Stimmungen und Eindrücke aus dieser Zeit, sie nimmt diese mit wie romantische Tagebucheinträge. Hintereinander gespielt ergeben diese Stücke eine Art Soundtrack, der sich aus mäandernden, wärmenden Klangsequenzen speist, in die auch mal eine Jazz-Trompete hereinschaut – Tracks, die just in dem Moment abzubrechen belieben, in dem sie zu viel verraten oder gar zum Song werden könnten. Gold Panda hält das Geheimnis der besuchten Orte gerade noch bedeckt und lockt uns am Ende in einen neuen Durchlauf: „Your Good Times Are Just Beginning“.