Ihr Debütalbum weist die 26-jährige Britin als Wagemutigste unter den Future-R’n’B-Produzentinnen aus.

Die vornehmste Eigenschaft des Bassmusik-grundierten R’n’B ist seine Musikalität. Jeder, der in den vergangenen paar Jahren aufgekommenen KünstlerInnen war zu gleichen Teilen ProduzentIn und SängerIn. Die Musik wird in diesem freilich auch inhomogenen Genre nicht – wie etwa im Mainstream – lediglich als Mittel angesehen, um die Stimme eines möglichst leichtbekleideten „Stars“ in Szene zu setzen.

Prima inter pares: Tahliah Barnett, 26-jährige Produzentin und Sängerin aus dem südwestenglischen Gloucestershire, die zuerst unter dem Namen Twigs, dann nach einem Namensstreit als FKA (Formerly Known As) Twigs auftritt. Der Gesang von FKA Twigs, auch wenn er selten den geraden Weg geht, war in ihrer bisherigen Musik der solitäre Link zum Pop. Würde man aber ihre Stimme aus den Tracks der beiden formidablen EPs „EP1“ (2012) und „EP2“ (2013) entfernen, blieben acht Instrumentals übrig, die durchaus für sich stehen könnten. Als teils extrem abenteuerlustige, experimentelle und minimalistische elektronische Konstruktionen wie aus dem geheimen Soundlabor von Jamie xx.

LP1 enthält keinen einzigen Song der beiden EPs, nicht einmal den „YouTube-Hit“ „Water Me“ (über zweieinhalb Millionen Aufrufe bei Redaktionsschluss). Auf dem Album sind die Instrumentals vielleicht nicht ganz so wagemutig wie auf den EPs, aber sogar noch eine Spur subtiler und ausgefeilter. Da ist jedes Knacken, jedes Knuspeln, jedes Wummern des Sub-Basses, jeder Break bewusst gesetzt. Während der Gesang von FKA Twigs eine Spur konventioneller anmutet. Aber wahrscheinlich ist das gar nicht so, wir haben uns lediglich an diese verdrillte Art von Sounddesign gewöhnt.