Drake :: Take Care

Einer der besten Rapper Amerikas möchte mehr: Take Care ist ein ambitionierter Stilmix mit hochkarätiger Gästeliste - und leidet ein wenig unter seiner Überlänge.

Vielleicht besteht die größte Leistung Drakes darin, dass er die gängigen Klischees des amerikanischen HipHop lebt – und gleichzeitig den Eindruck hinterlässt, all diese Autos, Frauen, Champagnerflaschen, Häuser, geilen Klamotten würden ihn keinen Meter weiter bringen. Drake ist reich. Aber, zumindest implizierte das die Vorab-Single „Marvin’s Room“, dieser Reichtum hat keinerlei positive Auswirkung auf seinen Gemütszustand, wenn die richtige Frau mit dem falschen Mann vögelt. Keine neue Erkenntnis, aber eine, die Drake und sein Stammproduzent Noah „40“ Shebib geschickt zum Alleinstellungsmerkmal dieser Platte machen. Bedeutet: Mal wuchtige, mal eher karge, aber stets melancholisch gestaltete Beats treffen auf einen Drake, der nicht nur rappt und singt, sondern auch über einen stufenlosen Regler verfügt, der beliebige Hybridformen aus beiden Ausdrucksweisen evoziert und dabei meistens leidet. So entsteht ein Singsang von erstaunlicher Stringenz, der von den öden Herzschmerz-Exegesen eines R. Kelly ebenso weit entfernt ist wie vom zeitgenössischen Mainstream-HipHop, der hier in Form von Rick Ross ein kurzes Gastspiel gibt. Das wirkt, vielleicht auch wegen der breit angelegten Produktion von Just Blaze (Jay-Z), wie ein Fremdkörper auf der Platte. So sind die Höhepunkte andere, etwa der Titeltrack, ein Joint Venture zwischen Drake, Rihanna und Jamie XX, das trotz positiver Grundbotschaft eher kühl Wave-Traditionen antriggert und sich dabei bei Jamie XXs Remix-Arbeiten für Gil Scott-Heron bedient, eingangs erwähntes „Marvin’s Room“ und das hübsch abgepolsterte „Headlines“. Schade ist indes, dass andere Tracks diese Klasse nicht erreichen und bei allem Schönklang und allen netten Ideen dafür sorgen, dass Take Care bisweilen Richtung Redundanz kippt. Einen langweiligen Song kann eben auch ein Mundharmonika-Solo von Stevie Wonder nicht kitten.

Key Tracks: „Take Care“, „Headlines“