Die Sterne
Hallo Euphoria
PIAS/Rough Trade (VÖ: 16.9.)
Auch mit völlig neuer Mannschaft spielt Frank Spilker weiter Diskurs-Funk zum Tanz auf dem Kraterrand.
Alles neu bei Die Sterne? Nein, natürlich nicht. Denn auch wenn die Mannschaft komplett ausgetauscht wurde, bleibt der Kapitän doch derselbe. Auch für HALLO EUPHORIA hat Frank Spilker wieder diese einzigartigen Texte geschrieben, die mit chirurgischer Präzision
und zugleich leicht ironischem Abstand die eigene Bubble sezieren, ohne sie nur simpel bloßzustellen.
Kaum ein Song bringt so ehrlich die Folgen des Ankommens im Mainstream, die Verbürgerlichung des linken Lagers auf den Punkt wie „Spilker immer mittendrin“, in dem sich der Autor nicht umsonst schon im Songtitel mit einbezieht. „Kapitalismus? Ich sage: Warum nicht. Umweltzerstörung? Ich bin alt, mich kriegt ihr nicht“, singt Spilker, und man fühlt sich ertappt – gerade auch, weil der Song als butterweich klingelnder Sommerhit daherkommt.
Die Runderneuerung mit Musikern, die sonst bei Urlaub in Polen, Von Spar oder The Blood Arm aktiv sind, hat deshalb vor allem dem Sound gut getan. Der altbekannte Sterne-Funk ist messerscharf wie in der Klimawandel- Klage „Die Welt wird knusprig“, im Titelstück tuckert dafür monoton der Rhythmus. Die Selbstlüge-Abrechnung „Niemand kommt unschuldig raus“ tarnt sich zumindest bis zum gitarrenkrachenden Refrain als Dream Pop, und im Abschluss „Wir wissen nichts“ versuchen üppige Streicher die Weltuntergangsstimmung in Plüsch zu packen. Ja, der Vulkan bricht aus, aber Die Sterne spielen ihn noch, den Funk zum letzten Tanz auf dem Kraterrand.