Cat Power

Wanderer

Domino/GoodToGo

Nach einem Abstecher in den Elektro-Pop besinnt sich Chan Marshall auf ihre Paraderolle als Unheilige des minimalistisch-bluesigen Folk.

Chan Marshall ist eine amerikanische Unheilige. Eine Ruhelose, die seit 25 Jahren über good old America und seine Nashville-Legenden zugleich schützend die Arme breitet und den Vorschlaghammer schwingt: mit dieser brüchigen und doch sehr präsenten Stimme, dieser Aura der ewig Heimgesuchten, die auch dann nie ganz verschwinden wollte, als aus der einstigen Lo-Fi-Musikerin Cat Power längst eine mondäne Lady geworden war – und der Mensch hinter der Künstlerin nicht mehr betrunken über Bühnen torkelte.

Was läge für Marshall also näher, als sich mit Lana Del Rey zusammenzutun, noch so einer Totengräberin des amerikanischen Traums? Auf Marshalls zehntem Studioalbum WANDERER beschwört sie mit Del Rey im Song „Woman“ weibliches Selbstbewusstsein, und klingt dabei – leider ganz schön bräsig. Viel stärker ist Marshall ohne Schützenhilfe aus der Superstarliga, zum Beispiel in minimalistisch-bluesigen Cat-Power-Standards wie „You Get“, „Me Voy“ und „Black“, das so nahe am rohen Schlafzimmersound der frühen Marshall ist wie lange nichts. Im kargen Pianostück „In Your Face“ tap-tappen die Percussions, als renne jemand über blankes Parkett: ein intimes Setting für einen schwer verdaulichen Song.

Während WANDERER entstand, brachte Cat Power ein Kind zur Welt und eine Freundin unter die Erde

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Vom letzten Album SUN, Marshalls Versuch, ihren Songwritersound mit Synthesizern zu transzendieren, ist wenig geblieben, nur am „Horizon“ flirrt es noch elektronisch. Wie man liest, ist Marshalls Leben noch immer Licht und Schatten: Während WANDERER entstand, brachte sie ein Kind zur Welt und eine Freundin unter die Erde. Und so wird auch der beinahe hoffnungsfrohe „Wanderer“ am Schluss in einer Moll-Reprise zurückkehren, seines Zieles ungewisser als am Anfang: „Same as wanderer, I’ll be wondering.“

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