Aus DAS ARCHIV – Rewind 1997: Radiohead

OK Computer

EMI

OK COMPUTER ist zunächst gewöhnungsbedürftig. Dann aber setzt die Langzeitwirkung ein - und die Ahnung, daß Radiohead noch mal ganz groß werden können.

Können die fünf Pop-Lärmer aus Oxford ihr Klasse-Album von ’94 überbieten? Oder versinken sie sang- und klanglos im Drogenstrudel ihres Frontmannes Thom Yorke? Die Antwort: Beides ist richtig und doch ganz anders. OK COMPUTER ist die Fortsetzung von THE BENDS unter dem Einfluß von Flokati- und Räucherstäbchen.

Nach wie vor beherrscht Sänger Yorke die Klaviatur der intensiven Gefühle. Nach wie vor präsentiert die Band intensive Balladen, die ihresgleichen suchen. Nach wie vor bewegen sich Radiohead des öfteren an der Grenze zum Kitsch. Neu ist die Hinwendung zu Gestaden längst überholter drogenumnebelter 70er Jahre Psychadelismen. Bisweilen klingen Radiohead wie die Schnittmenge aus abgespeckten frühen Yes, modern produzierten Pink Floyd und aufgepeppten frühen U2. Positives Beispiel: die erste Auskoppelung „Paranoid Android“, eine wunderbar verschrobene Drop-Out-Hippie-Hymne, in der Yorke seine Extraklasse unter Beweis stellt. Negatives Beispiel: „Let Down“, in dem er Bono-Pathos und Tim Booth-Larmoyanz zu einem hohlen, schnulzigen Langweiler klont. Zwischen diesen beiden Polen bewegt sich der Rest des Albums.

Somit ist OK COMPUTER zunächst gewöhnungsbedürftig. Dann aber setzt die Langzeitwirkung ein – und die Ahnung, daß Radiohead noch mal ganz groß werden können.