All Diese Gewalt

Welt In Klammern

Staatsakt/Caroline

Die andere Postpunk-Interpretation von Max Rieger, Chef von Die Nerven.

Das Genre Postpunk ist ein weites Feld, beliebter denn je ist es zudem. Die Renaissance begann Anfang des Jahrtausends, die Hitbands aus Großbritannien sorgten für einen frühen Peak, die modischen Truppen aus Amerika für eine kurze Depression. Seit einigen Jahren entsteht Postpunk im Untergrund neu. Epizentren sind die Westküste Amerikas und die Bundesrepublik.

Max Rieger hat mit seiner Stuttgarter Band Die Nerven zwei formvollendete Postpunk-Alben aufgenommen, die Basis ist hier der Indierock mit seiner Vergangenheit im Hardcore, wertvollstes Stilmittel sind die Breaks und Laut/Leise-Dynamiken. Auch seine Soloplatten unter dem Namen All diese Gewalt setzen auf Postpunk, nutzen jedoch – das weitgefasste Genre lässt es zu – eine andere Methode. Denn die Songs auf WELT IN KLAMMERN wandeln sich organisch. „Wie es geht“ ­beginnt klaustrophobisch und öffnet sich am Ende nur widerwillig: ein starrsinniger Song, der schließlich doch zur Hymne wird – wenn auch unter dem Protest der industriellen Kreissägegitarre.

Der ­Maschinenbeat von „Maria in Blau“ greift diese Idee auf, das Stück ist eine Ballade für Menschen, die am Strand des Nordseeheilbads genau dann Richtung Pension Erika ziehen, wenn die rote Sonne ins Meer versinkt. Bei „Jeder Traum eine Falle“ gibt Max Rieger einen Eindruck davon, wie das innere eines Bienenstocks klingt, dann allerdings führt er das Mantra mit Kraftwerk-reifer Electronica auf die Tanzfläche. Im August erst ist mit Jalousie das neueste Album der Kollegen von Messer erschienen, jetzt All diese Gewalt: Zeugnisse kaputter Schönheit.